Biathlonwelt im Schockzustand

Drei russische Biathleten wurden des Dopings überführt – pünktlich zum WM-Start.

Pyeongchang. Im Morgengrauen sind sie verschwunden. Weg aus Pyeongchang, fort aus Südkorea - ohne ein Wort der Erklärung gen Moskau geflogen, nachdem sie zuvor schon zwei Tage lang nicht mehr am Schießstand gesehen worden waren. Dimitri Jaroschenko, Ekaterina Juriewa und Albina Achatowa, die drei russischen Biathleten, sind des Dopings überführt worden, die Analysen ihrer B-Proben haben die Ergebnisse der A-Proben bestätigt. Nun ist offiziell bestätigt, was längst kursierte, Namen und Schandtaten sind Gewissheit. Erst nachts um ein Uhr hatte die Internationale Biathlon-Union (IBU) den russischen Verband davon unterrichtet, was sie dort längst gewusst haben: Bis um vier Uhr am Freitagmorgen hatten die Russen getagt, ehe sie ihr sündiges Trio aus der Schusslinie brachten.

Einzig der russische Cheftrainer Wladimir Alikin stellte sich bei einer Krisensitzung der empörten Kollegenschar aus 25 Nationen. "Er hat gesagt, was alle sagen, wenn sie erwischt werden. Dass sie nichts dafür können, es aber hart ahnden", meinte Schwedens Cheftrainer Wolfgang Pichler. Der Ruhpoldinger steht für Klartext: "Mit zwei Jahren Sperre ist es da nicht getan. Wir fordern ein knallhartes Durchgreifen. Es muss eine Grundsatzentscheidung geben."

Damit spielt Pichler den Ball weiter an die IBU. Auch, weil er offen anspricht, was sie in der Szene denken: "Wenn drei Sportler an einem Ort mit einem Mittel erwischt werden, kann sich jeder seinen eigenen Reim darauf machen." Systematisches Doping - eine neue Dimension im Biathlonsport. IBU-Präsident Anders Besseberg hat seine Sicht der Dinge dargelegt und dabei den gravierenden Unterschied im Vergleich zu den bisherigen Einzelfällen erklärt. "Das ist systematisches Doping in großem Umfang in einer der stärksten Nationen. Für das, was getan worden ist, gibt es absolut keine Entschuldigung." Lapidar reagierte IBU-Vizepräsident Alexander Tichonow auf den Skandal in seinem Team. "Was passiert ist, ist passiert. Ich bin gegen Doping, aber ich glaube nicht an systematisches Doping." Der Norweger Besseberg fragt sich, wie viele in diesen Tagen: "Ist das alles oder ist das nur die Spitze des Eisberges?"

Gerüchte, wonach es weitere fünf Dopingfälle geben soll, bestätigt Besseberg nicht. "Es gibt im Moment nichts, was über die drei Fälle hinausgeht." Das Rumoren aber verstummt nicht. Auch, weil alle seit dem Weltcup in Antholz Ende Januar bis zum Freitag in Korea genommenen Proben noch in Labors ausgewertet werden. Bei den Russen gab es insgesamt fünf positive Proben. Jaroschenko und Juriewa, die den Fahndern beim Weltcup-Auftakt Anfang Dezember in Östersund ins Netz gegangen sind, waren gleich zwei Mal positiv. Über die verbotene, angeblich neue Substanz, mit der die Russen betrogen haben, verlor Anders Besseberg kein Wort. Details werden erst mit der Urteilsverkündung bekannt gegeben. Die dauert aber.

Erst in zwei Wochen sollen die 200 Seiten starken Protokolle pro Athlet vom Lausanner Antidoping-Labor an die IBU gesandt werden.

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