Biathlon: Wie ein schöner Traum

Kati Wilhelm gewinnt die zweite Goldmedaille und will jetzt die erfolgreichste Athletin der Weltmeisterschaften werden.

Pyeongchang. Zu früh. Ein Jahr zu früh. "Eigentlich wollte ich es mir für Olympia aufheben", sagt Kati Wilhelm. Es war ihr heimliches Ziel , einen Einzelwettkampf über 15 Kilometer zu gewinnen. Besser als Platz drei war sie bisher nie. "Ich weiß, dass ich es kann", sagt sie.

Bei der Biathlon-WM in Pyeongchang hat sie es gestern bewiesen und vor der Slowenin Teja Gregorin und Tora Berger aus Norwegen gewonnen. Allesamt haben sie einen von 20 Schüssen verpasst, doch Kati Wilhelm war die Schnellste.

Ein Jahr zu früh und doch zur rechten Zeit. Tief innen hat sie gespürt, dass sie es drauf hat. Schon am Morgen beim Joggen. Und schon die gesamte Saison über in den Trainingseinheiten. Die Konstanz am Schießstand. Die Laufstärke in der Loipe. Gute Gefühle sind nicht wie ein Vogelschwarm zu verscheuchen.

"Mit Gold im Sprint war der Druck weg, da ist alles abgefallen", sagt Assistenztrainer Gerald Hönig, "Kati strahlt eine ungemeine Souveränität und Sicherheit aus." Das ist es. Das hat vor einem Jahr gefehlt. In Östersund hatte sich Wilhelm von einem Wettkampf zum nächsten getröstet. Angst kam auf. "Dann lässt sich das nicht so einfach angehen - und ertragen", sagt die Frau aus Thüringen, die in Ruhpolding lebt.

Magdalena Neuner stand im Licht, Wilhelm gab unfreiwillig die Schattenfrau. "Lena hat mich schon auch motiviert, noch mal Gas zu geben."

Daher hat sie in der Vorbereitung einiges geändert, mit Odd Lirhus einen Technik- und mit Andreas Stitzl einen Lauftrainer engagiert. Auf eigene Kosten. Das hat sich ausgezahlt. Im deutschen Frauenteam erarbeitet sich jede Athletin ihre Stellung immer wieder aufs Neue. "Wir sind so gut, weil sich keine ausruhen kann", sagt Kati Wilhelm. In Südkorea gibt nun sie die Strahlefrau. Und ihre Schatztruhe füllt sich weiter.

Die 32-Jährige ist die überragende Figur bei den Frauen. Auf der Strecke mit zwei Goldmedaillen und einem Silberstück. Neben der Strecke mit klaren Worten zum Dopingproblem in ihrer Sportart. Das Allerschönste jedoch ist: Dieses selig machende Gefühl die Nummer eins zu sein, nutzt sich nicht ab. Glück, Zufriedenheit und Leichtigkeit sind stete Begleiter der Kati Wilhelm.

Nicht erst in diesen Tagen. Verdientermaßen, findet Uwe Müssiggang. Der Cheftrainer erklärt das Phänomen Wilhelm: "Sie ist in einer phantastischen Form nach Korea gekommen. Physisch wie psychisch." Mehr noch: "Wenn es läuft, dann läuft’s, dann fällt auch die Scheibe, wenn der Schuss auf die Kante geht." Werden vor dem finalen Abdruck die Beine weich, ist nicht einmal der Neuaufbau des Anschlages ein Hindernis.

Für den Erfolgsfall müssen viele Puzzleteile passen, "wenn man wüsste welche, könnte man es bei Jeder so machen", sagt Uwe Müssiggang. Die Gewissheit, dass nichts schief gehen kann, drückt sich auch in der Körpersprache aus.

Dauerlachen der sympathischen Art. Der Leib schüttet unendlich Glückshormone aus und spendiert scheinbar eine Extraration Energiereserven. "Ich war nie richtig kaputt", sagt Kati Wilhelm nach Rennen drei binnen fünf Tagen. Das Hochgefühl puscht. "Erfolgreichste der WM zu werden, wäre auch nicht schlecht. Ich möchte mitnehmen was möglich ist."

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