Bayer Leverkusen: Charaktertest verpatzt

Frust: Bayer Leverkusen verliert in Düsseldorf selbst gegen Karlsruhe. Labbadia und Völler übertreffen sich in ihrem Entsetzen.

Leverkusen. Rudi Völler war in Waldemar-Hartmann-Stimmung. Wie einst als Bundestrainer im ARD-Studio nach einem Spiel auf Island hatte sich der Puls nach der Leverkusener 0:1 (0:0)-Heimniederlage gegen Schlusslicht Karlsruher SC auf ungeahnte Höhen geschraubt. "Was ist also zu sagen?" fragte der Sportdirektor rhetorisch in die Runde und gab sich die Antwort nach der grausigen Vorstellung und dem achten sieglosen Bayer-Heimspiel in Folge gleich selbst: "Charaktertest nicht bestanden."

"So nicht", fuhr Völler ohne einen Atemzug fort, und seine Stimme bebte. Ganz genau werde man jetzt jeden einzelnen Akteur beobachten. "Auch der Pokal am Dienstag ist keine Ausrede, da haben ja auch gar nicht alle 120 Minuten gespielt, die heute dabei waren", grollte Völler, ehe ihn Pressesprecher Ulrich Dost sanft abzog und zum TV-Interview geleitete. Wo er gleich weiterledern konnte. Wer ihm gegenüberstand, war gerade ohnehin egal.

Spieler wie Barnetta, Helmes, Djakpa, Vidal oder die eingewechselten Castro und Charisteas durften sich getrost angesprochen fühlen. Sie agierten - wie zeitweise auch Renato Augusto - schlicht ohne Willen, die trostlose Düsseldorfer Bilanz des Bayer-Teams zu schönen. Die Leistungen beider Teams vor 23500 Zuschauern waren nicht der Rede wert. Und so reichte es für die Gäste, die sich nach dem Spiel wunderten, mit einer "eher schlechteren Leistung" in Leverkusen gewonnen zu haben.

"Wir haben uns heute für bessere aber verlorene Spiele gegen Bayern und Schalke belohnt", sagte KSC-Trainer Eduard Becker, und sein Sportdirektor Rolf Dohmen sprach angesichts des sensationellen Tores, das Verteidiger Sebastian Langkamp aus 46,5 Metern ("Eigentlich wollte ich den Ball nur klären. Dass er so reinfliegt, ist natürlich geil") unbeabsichtigt erzielte, von einem "Fußballgott, den es doch gibt". Nur wer Karlsruhe nahe stand, wollte dieses Spiel mit irgendetwas Göttlichem in Verbindung gebracht wissen.

Dass Bruno Labbadia in Leverkusen zwar gestützt wird, aber sich doch auch interner Kritik ausgesetzt sieht, kommt nicht von ungefähr. Die Darbietungen des Ensembles sind inzwischen dauerhaft bedenklich schlecht, selbst der Pokalsieg gegen Mainz im Halbfinale bot abseits des umjubelten Finaleinzugs 90-minütige Schonkost. Und selbst der in der Öffentlichkeit standhaft sanfte Labbadia konnte sich am Sonntag nicht mehr vor die Seinen stellen: "Das war eine Bankrotterklärung, eine blutleere Vorstellung. Als Mannschaft - und dazu zähle ich mich auch - haben wir uns katastrophal verkauft."

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