Auf Bildungsreise mit Berti Vogts

Aserbaidschan: Der Nationaltrainer erwartet in Köln eine „tolle Fortbildung“ für den Außenseiter.

Köln. Winfried Schäfer, etwas aus dem Blickfeld geratener Fußball-Trainer, hat sich mit einer lustigen Bemerkung zurückgemeldet: "Deutschland hat eine Supermannschaft, aber wenn Aserbaidschan in der Offensive schnell und in der Defensive konsequent ist, kann es seine Chancen haben", sagte der 60-Jährige vor dem zweiten EM-Qualifikationsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft morgen in Köln (20.45 Uhr/ARD) gegen den Außenseiter aus dem Kaukasus. Vielleicht muss Schäfer das sagen, weil er nach seiner Zeit als Nationaltrainer von Kamerun und einem Zwischenstopp in den Vereinigten Arabischen Emiraten nun beim FK Baku angeheuert hat. Noch ohne Schäfer hatte der Klub aus der Hauptstadt Aserbaidschans 2006 und 2009 den Meistertitel gewonnen.

Alles andere als ein klarer Sieg über die von Berti Vogts betreute Nationalmannschaft wäre jedoch eine Sensation - eine noch größere als die Niederlage Frankreichs gegen Weißrussland oder das groteske 4:4 von Zypern in Portugal. Vogts selbst sieht das Auswärtsspiel denn auch als eine Art Bildungsreise: "Wir wollen natürlich versuchen, nicht so hoch zu verlieren. Andererseits ist es eine tolle Fortbildung für meine Mannschaft", sagte er.

Die erste Lektion stand im Europapark Rust auf Vogts’ Lehrplan. Dorthin bestellte er seine Nationalspieler zu einem mehrtägigen Trainingslager. Am 1. September gönnte man sich ein Testspiel gegen den örtlichen Bezirksligisten SV Rust, das zwar 4:0 gewonnen wurde, bei dem aber von schneller Offensive und kontrollierter Defensive eher weniger zu sehen war. Bis zum ersten Treffer mühten sich die Aserbaidschaner 41 Minuten lang. Freundlicherweise wechselte der Bezirksligist zur Pause fast die komplette Mannschaft aus, was den Gästen noch drei Tore ermöglichte.

Vogts bleibt realistisch: "Ich hoffe, dass wir in vier bis fünf Jahren Anschluss an das europäische Mittelmaß gefunden haben. Nicht an die Spitze, das ist unmöglich, dafür wird zu wenig trainiert." Immerhin hat sein Team durchaus aufhorchen lassen: In der WM-Qualifikation trotzte Aserbaidschan im Oktober 2009 Russland ein 1:1 ab. In der EM-Qualifikation im März 2007 gelang ein 1:0-Sieg über Finnland. Und auch die Deutschen benötigten zuletzt in der WM-Qualifikation im September 2009 eine gewisse Anlaufzeit, ehe der 4:0-Erfolg unter Dach und Fach war. Nach einer müden ersten Halbzeit und einer knappen 1:0-Führung begleitete in Hannover ein gellendes Pfeifkonzert die Nationalspieler in die Kabine.

Thomas Müller stand da noch nicht für Deutschland auf dem Platz, dennoch warnte er vor allzu großem Übermut: "Die Aserbaidschaner sind nicht ganz easy." Ein ähnlicher Versuch, die Favoritenrolle diplomatisch zu relativieren, geriet Bastian Schweinsteiger gestern im ZDF daneben: "Es ist nicht so leicht, gegen die zu spielen. Die können mittlerweile auch laufen."

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