Auch ohne Gold glücklich

Die sieggewohnte deutsche Equipe wird Zweite, wie zuletzt 1972.

London. Helen Langehanenberg rollte ein kleines Tränchen über die Wange. „Ich habe was im Auge“, sagte sie, und alle lachten. „Nee, wirklich.“ Es stimmte. Über eine Medaille konnte sich die Dressurreiterin noch gar nicht freuen. „Ich weiß ja nicht mal, was wir haben“, sagte sie. Silber. Es war Silber für die Mannschaft. Helen Langehanenberg war glücklich. Und nicht nur sie.

„Ich bin total happy mit den Mädels“, sagte Bundestrainer Jonny Hilberath. Und er meinte es ernst. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht, denn eigentlich ist das deutsche Team auf Gold abonniert. 1972 in München, da gab es das letzte Mal Silber. Danach folgte die längste Gold-Serie in der Geschichte der Olympischen Spiele.

Großbritannien gewann bisher noch kein einziges Mal olympisches Edelmetall. Diesmal eroberten sich die Briten Platz eins. Auf dem dritten Rang landeten die Niederländer. „Das war absolut überzeugend auch in Anbetracht der Tatsache, dass die drei alle Olympia-Neulinge sind“, betonte der Bundestrainer.

Alle drei, das sind Helen Langehanenberg (Havixbeck) mit Damon Hill, Kristina Sprehe (Dinklage) mit Desperados und Dorothee Schneider (Framersheim) mit Diva Royal. Alle drei haben sich auch für das Einzelfinale am Donnerstag qualifiziert.

Das beste Ergebnis steuerte mit 78,937 die 30-jährige Helen Langehanenberg bei. Nur einen winzigen Patzer hatte das Paar. „Von so einem kleinen Hüpfer lass ich mich doch nicht aufhalten“, sagte sie lachend. Kristina Sprehe und Desperados hatten zuvor einen größeren Hüpfer produziert. „Die Fotografen an der Seite haben ihn ein wenig nervös gemacht“, sagte Kristina Sprehe (25) über ihren Hengst „Despi“. Es ärgerte sie. „Ansonsten war ich aber zufrieden.“

Auch Dorothee Schneider (43) wirkte glücklich. Das Paar nahm den Platz für Matthias Alexander Rath und den Hengst Totilas ein. Doch Rath hatte Pfeiffer’sches Drüsenfieber bekommen, und so mussten die Spiele auch ohne das weltweit teuerste Dressurpferd Totilas stattfinden. Kaum einer in Greenwich sprach darüber.

Extrem angespannt, sei er gewesen, gestand Hilberath. Um seinen Gemütszustand zu beschreiben, reichten ihm drei Worte: „Ein Felsmassiv — plumps.“ Kein vollständiger Satz, aber eine vollständige Analyse. Der 57-Jährige tritt nach den Spielen als Bundestrainer zurück. Das Amt hatte er ohnehin nie gewollt. Er musste es übernehmen, als sein Vorgänger Holger Schmezer im April plötzlich verstarb. Ihm widmeten die Reiterinnen auch ihre Medaille.

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