Asienmeisterschaft: Sidkas Irak-Mission

Der deutsche Trainer soll mit dem vom Krieg gebeutelten Land den Titel im WM-Land Katar verteidigen.

Katar. Wenn am Freitag mit dem Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Katar und Usbekistan in Katar die Fußball-Asienmeisterschaft beginnt, dann steigt auch bei Trainer Wolfgang Sidka die Anspannung. Der 56-jährige ehemalige Mittelfeldspieler von Hertha BSC Berlin, 1860 München und Werder Bremen (1971 bis 1987) steigt vier Tage später mit Titelverteidiger Irak ins Turnier ein. „Der Sieg in Indonesien vor vier Jahren unter meinem brasilianischen Vorgänger Helio dos Anjos war eine große Überraschung. Wir haben eine schwere Gruppe erwischt und daher wäre schon das Überstehen der Vorrunde ein Erfolg“, sagt Sidka.

Der gebürtige Lengericher hat schließlich nicht irgendeine Nationalmannschaft übernommen. Sidka ist seit August Trainer des Irak, und im Zweistromland muss einer nicht nur furchtlos sein, wenn es um Fußball geht. „Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich hatte mich vor meiner Vertragsunterschrift genau informiert und mir vor Ort einen Eindruck von den Arbeitsbedingungen gemacht“, sagt Sidka, der seine Wohnung im Bremer Stadtteil Oberneuland mit einem Hotelzimmer in Arbil tauschte. Dort bereitet sich sein Team auf den kontinentalen Wettbewerb vor. Ein Hotel mit Kunstrasenplatz ist vorhanden, das Trainingscamp mit Kraftraum und Massage-Einrichtungen nimmt Formen an. Arbil soll zum Zentrum des irakischen Fußballs werden. Schließlich ist es in der 800 000 Einwohner zählenden Stadt in Kurdistan, das der Karl-May-Fan Sidka aus Büchern noch als „wild“ kennenlernte, derzeit am sichersten im Land zwischen Euphrat und Tigris. „In Bagdad war ich noch nie, und da werde ich auch nicht hingehen, solange die Zustände in der Hauptstadt so sind wie sie sind. Es hat auch noch kein Offizieller von mir verlangt, nach Bagdad zu kommen, obwohl dort noch der Verbandssitz ist“, sagt Sidka.

Tore ja, Terror nein. Sidka, der zwischen 2000 und 2005 mit Unterbrechungen Trainer von Bahrain war, kennt die Golfregion gut und kann das Risiko für Leib und Leben daher abschätzen. „Der Nordirak ist fast eine Oase der Ruhe“, sagt er und freut sich auf die Herausforderung für sich und sein junges Team. „Die Spieler sind alle talentiert und wollen bei der Asien-Meisterschaft etwas erreichen.“

Das Turnier im WM-Gastgeberland von 2022 wurde aufgrund der hohen Temperaturen im Sommer extra auf Januar vorgezogen. „Im Sommer kann in Katar kein Fußball gespielt werden. Die Stadien sollen für die WM zwar klimatisiert werden, aber ich weiß bei 32 Teilnehmern nicht, wie das mit dem Training funktionieren soll“, sagt Sidka, der noch etwas zu bedenken gibt. „Eine WM braucht auch Zuschauer. Katar hat gut eine Million Einwohner, davon lebt rund die Hälfte in der Hauptstadt Doha. Das ist so, als wenn das Finale in Bremen stattfinden würde und die anderen Spiele in Delmenhorst.“

Die Asien-Meisterschaft gilt dennoch als Testlauf, auch aus Sicherheitsgründen. Nicht zuletzt trifft der Irak im ersten Gruppenspiel auf den Nachbarn Iran. Beide Staaten lieferten sich von 1980 bis 1988 einen erbitterten Krieg, doch Wolfgang Sidka glaubt, dass alles friedlich über die Bühne gehen wird. „Fußball ist völkerverbindend. Bei meinen Spielern weiß ich nicht einmal, ob sie Schiiten, Kurden oder Sunniten sind. Die sind einfach nur fußballverrückt, und das wird im Iran nicht anders sein.“

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