Arne Friedrich: Ein Absteiger stoppt Weltstars

Verteidiger Arne Friedrich überrascht mit seinen starken Leistungen bei der WM in Südafrika.

Pretoria. Wenn die Laute der Vuvuzelas durch ein Raunen der Kulisse übertönt werden, muss bei der WM etwas Besonderes passiert sein. Zumal bei einer Aktion in der Defensive.

Arne Friedrich hat das erreicht: Erst nahm er Wayne Rooney in letzter Sekunde den Ball vom Fuß, dann eröffnete er mit einer geschickten Körperdrehung den nächsten Angriff der deutschen Mannschaft. Es folgte eine hörbare Mischung aus Bewunderung und Unglauben von den Rängen. War das wirklich Arne Friedrich?

Es gehört nicht viel guter Wille dazu, dem Abwehrspieler vom Bundesliga-Absteiger Hertha BSC Berlin bei dieser WM die Metamorphose von der Raupe zum Schmetterling zu attestieren. Vier gute Spiele hat der 31-Jährige neben Per Mertesacker bei dieser WM nun absolviert, in allen vier Spielen war Friedrich der Bessere von zwei deutschen Innenverteidigern. In einer Abwehr, die erst zwei Gegentore hinnehmen musste.

Endlich bekommt der Mann aus Bad Oeynhausen die Anerkennung, hinter der er ein Jahrzehnt hergerannt war. Als Innenverteidiger. "Die Position auf der ich mich am wohlsten fühle." Friedrich war in der Vergangenheit immer schnell zur Stelle, wenn es darum ging, einen Schuldigen zu finden.

Jetzt ist er "der Führungsspieler", ein "Mann für alle Fälle" - die Schlagzeilen mehren sich, diese WM, sie ist die reine Regenerationskur für eine geschundene Seele. "Das tut natürlich sehr gut", sagt er. "Ein Großteil der Kritik hat sich nach dem Abstieg auf mich fokussiert."

Er stand damals, in Berlin, am Zaun, die Fans schrien auf ihn ein. Und Friedrich diskutierte, erklärte, was er selbst nicht erklären konnte. Den Abstieg seiner Hertha, zehn Jahre hat er für den Hauptstadt-Klub gespielt, jetzt sucht er einen neuen Verein.

Er wird einen finden. Einen viel größeren, wenn es so weitergeht bei dieser WM. Wer sich erinnert, wie Guido Buchwalds Stern bei der WM 1990 vom spröden Stuttgarter Abwehrmann zum strahlenden Erfolgsgaranten der Nationalelf aufging, der kann das durchaus mit Friedrichs Weg durch Südafrika vergleichen.

Der Mann mit dem Dreitagebart übernimmt Verantwortung, wo früher Ballack, Frings und Lehmann das Zepter schwangen. Ihre Nichtexistenz bei dieser WM scheint ihn zu beflügeln. Er scheut sich auch nicht davor, diese Mannschaft als "besser als das Team von 2006" zu bezeichnen.

Friedrich ist angekommen. Bei sich selbst. Und in der Nationalelf. Mit 31. "Ich bin im Mannschaftsrat. Der Trainer hat mir Verantwortung übertragen, und ich komme dieser gerne nach", sagt er und ist vielleicht die wirkliche Überraschung in einer deutschen Mannschaft, die an solchen wahrlich nicht arm ist.

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