180-Grad-Blick Amateurfußball direkt ins Wohnzimmer streamen

Ein Start-up will mit 180-Grad-Kameras Amateurfußball streamen. Auch andere Firmen probieren sich an der Vermarktung.

180-Grad-Blick: Amateurfußball direkt ins Wohnzimmer streamen
Foto: Soccerwatch.TV

Duisburg. Weil ein Vater das Fußballspiel seiner Söhne verpasste, wurde letztlich das Essener Start-up „Soccerwatch. TV“ gegründet. Der Mann ärgerte sich, dass er das Spiel seiner Kinder nicht im Internet verfolgen konnte. Die Techniker entwickelten eine Kamera, die das Geschehen auf dem Fußballplatz vollautomatisch via Internet ins heimische Wohnzimmer oder auf das Smartphone streamt. So wollen die Essener den Amateurfußball vermarkten — von der Kreis- bis in die Oberliga. Aktuell befindet sich das Projekt in der Pilotphase. Anfang Oktober soll die Streaming- Plattform online gehen.

In neun Metern Höhe wird die Kamera an einem mittigen Flutlichtmasten der Sportplätze installiert. Die Leitungen der Lampen gewährleisten die Stromversorgung des Geräts. Das HD-Signal wird über das Mobilfunknetz auf die Abspielgeräte übertragen. Die notwendige LTE-Technik stellt Vodafone zur Verfügung. Die etwa sechs Kilogramm schweren Kameras sind wetterfest.

Der Clou: Einmal angebracht, verrichten die Kameras ihre Arbeit vollautomatisch. Aus dem Internet kommt die Information, wann ein Spiel stattfindet. Kurz vor Anpfiff schalten die Kameras sich ein und beginnen mit der Übertragung — nach Abpfiff endet diese automatisch. „Den Vereinen entsteht kein großer Aufwand“, sagt Soccerwatch.TV-Gesellschafter Jan Taube.

Die Kameras verfügen über einen 180-Grad-Blick über das gesamte Spielfeld. Sie registrieren sogar eigenständig spannende Szenen und schwenken an den Ort des Geschehens — auch Zoomen ist möglich. Neben den Liveübertragungen sollen die Partien im Nachgang in voller Länge online abrufbar sein. Zusätzlich sind drei bis vier Minuten lange Videosequenzen mit den Höhepunkten der Spiele angedacht. Ein Mitarbeiter ist dafür nicht notwendig. „Die Software erkennt mit Algorithmen, was ein Mensch auch erkennen würde“, erklärt der Geschäftsführende Gesellschafter von Soccerwatch.TV, Georg Moser. Dies ermöglicht, dass die kurzen Clips nach Spielende Tore, Fouls und Highlights zeigen.

Bei der Umsetzung der Technologie half der Dortmunder IT-Dienstleister Adesso. Zudem stellt das Unternehmen einen einstelligen Millionenbetrag für das Projekt zur Verfügung. Laut Vorstandsmitglied Christoph Junge ist man vom wirtschaftlichen Erfolg der Idee überzeugt.

„Für die Vereine sollen möglichst keine Kosten entstehen“, sagt Taube. Stattdessen sei sogar angedacht, Vereine und Verbände an den Werbeeinnahmen zu beteiligen. Demnach sei das Ziel, dass 50 Prozent des Erlöses durch Produkteinblendungen auf der Website und während der Übertragungen dem Start-up aus Essen zugute kommen. Die andere Hälfte soll zwischen Fußballverbänden und Vereinen aufgeteilt werden. Auch die Konsumenten erwarten keine Kosten.

Vor zwei Wochen ist die Pilotphase gestartet. An zehn Sportplätzen in Nordrhein- Westfalen hängen bereits Kameras, bis Ende des Jahres sollen es 50 sein. Erweist sich das System als stabil, soll die Zahl 2018 bundesweit auf 500 anwachsen.

Momentan beginnen Gespräche mit Vertretern der Landesverbände, bei denen die Übertragungsrechte für den Amateursport liegen. Georg Moser bleibt gelassen: „Ich wüsste nicht, was dagegen sprechen würde. Wir bieten Vereinen und Verbänden einen Mehrwert.“

Soccerwatch.TV ist mit seiner Idee nicht alleine. Der Anbieter Sporttotal.TV hat seine Pilotphase bereits abgeschlossen. Mit dem DFB hat man sich auf eine langfristige Kooperation bei der Übertragung von Amateurspielen geeinigt. Auch bei dem zu einer Kölner Firma gehörenden Unternehmen setzt man auf moderne 180-Grad-Kameras. Über 70 hängen bereits auf den Plätzen der Republik — Tendenz steigend. „Wir sind sehr zufrieden mit unserem Start“, freut sich Projektleiter Ben Lesegeld.

Ähnlich wie bei Soccerwatch müssen die Vereine auch bei Sporttotal nicht für die Kameras aufkommen. Lediglich eine monatliche Gebühr von 9,90 Euro wird erhoben. Trotz der Kooperation mit Sporttotal gebe es von Seiten des Fußballverbands Niederrhein „keine Einwände“ gegen Mitbewerber, erklärte Geschäftsführer Ralf Gawlack. Gespräche mit den Essenern habe es bisher nicht gegeben. Grundsätzlich sei denkbar, Kameras von zwei Firmen an einem Sportplatz zu haben.

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