Absturz aus dem Fußball-Himmel

Gestern Bundesliga, heute Bezirksliga. 16 ehemalige Erstligisten träumen von einer besseren Zukunft.

Düsseldorf. Gestern Bundesliga, heute Bezirksliga, einst erstklassig, heute höchstens viertklassig. 16 der 50 Vereine, die seit 1963 der Bundesliga angehörten, spielen heute nicht mehr im professionellen Fußball. Ein wehmütiger Blick auf die Vergessenen.

Am 14. August 1965, einem traumhaften Spätsommertag, feierten 80 000 Zuschauer im Berliner Olympiastadion. Der SC Tasmania 1900 gab seinen Einstand in der Eliteklasse, ein großer Name des deutschen Fußballs.

2:0 gewann die Mannschaft um Italien-Heimkehrer Horst Szymaniak gegen den Karlsruher SC, "Tas" war nach dem ersten Spieltag Tabellenzweiter. Aus dem Traumstart wurde ein Alptraum. Tasmania spielt heute in der Berliner Bezirksliga, achte Liga.

In der Parallelstaffel ist ein Verein mit dem unscheinbaren Namen SV Blau-Weiß zu Hause. Auch dieser Club ist der Erbe eines Ex-Bundesligisten. 1992 meldete man Konkurs an. Heute wäre die Bundesliga-Episode längst vergessen, wenn nicht Karlheinz Riedle seine ersten Profitore für die Blau-Weißen geschossen hätte.

Für Tasmania und Blau-Weiß ist nicht an eine Rückkehr in den Profifußball zu denken. Andere haben diese Hoffnung nie aufgegeben. Wie Rot-Weiß Essen, das selbst im Mittelmaß der viertklassigen Regionalliga 8000 Zuschauer anlockt.

Der einstige Fahrstuhlverein, der zwischen 1967 und 1977 vier Mal in die Bundesliga auf- und wieder abstieg, schöpft Zuversicht aus dem Neubau des Stadions an der Hafenstraße.

Ein modernes Stadion hat der SV Waldhof Mannheim schon seit 1993. Es ist bundesligareif, die TSG Hoffenheim 1899 spielte dort. Auch der SV Waldhof musste einst zu Bundesligazeiten ausweichen.

Sechs Spielzeiten lang. Nach dem völlig überraschenden Aufstieg, den Klaus Schlappner 1983 geschafft hatte, war das Stadion am Alsenweg nicht groß und sicher genug. Sechs Jahre lang ging es über den Rhein nach Ludwigshafen, erst im siebten Bundesligajahr kehrte der Verein in den traditionsreichen Waldhof zurück - und stieg ab.

Das Auf und Ab des 1.FCSaarbrücken ist in Deutschland einmalig. 1963 waren die Schwarz-Blauen Gründungsmitglied der Bundesliga und stiegen ab. Drei Mal kehrte der FCS zurück, zuletzt 1992. Davor und danach gab es Abstürze, Krisen und Konflikte, aktuell träumt der Club von der Rückkehr in die 3. Liga.

Davon ist man in Neunkirchen weit entfernt. Seit zwei Jahrzehnten ist der VfB Borussia von der großen Fußball-Bühne verschwunden, 1967 schaffte er als erster Bundesligist den Wiederaufstieg, doch mit dem Niedergang der Schwerindustrie in der Region verlor auch der Fußball seinen Stellenwert.

Das Südstadion in Köln sollte schon abgerissen werden, nun ist es Schauplatz eines Duells mit höchsten Nostalgiewerten: SC Fortuna gegen SG Wattenscheid 09 - zwei ehemalige Bundesligisten spielen in der fünftklassigen NRW-Liga gegeneinander.

Der Aufstieg der Clubs verlief zeitgleich, beide wurden von fußballbegeisterten Unternehmern geführt, die sich ihren sportlichen Lebenstraum erfüllten. Jean Löring und Klaus Steilmann waren erfolgreich und hemdsärmelig, großzügig und ehrgeizig, beide litten und jubelten mit ihren Mannschaften.

Steilmann nannte noch kurz vor seinem Tod im November 2009 die Bundesliga-Siege gegen den VfL Bochum und den großen FC Bayern die schönsten Tage seines sportlichen Lebens. In Köln jagte Löring vergeblich dem Traum hinterher, noch einmal auf Augenhöhe mit dem FC zu spielen. Er verlor dabei alles und starb einsam im März 2005.

Nach dem Ausstieg des Bayer-Konzerns als Sponsor ging es auch mit dem Uerdinger Fußball bergab. Aber die Fans schwelgen weiter von den großen Zeiten mit dem Pokal-Triumph gegen Bayern München oder dem sensationellen 7:3 gegen Dynamo Dresden. Vorbei, aber nicht vergessen, das gilt auch für Darmstadt 98 und das Böllenfalltor, auch für Preußen Münster.

40 000 drängten sich am 23. August 1963 im Stadion an der Hammer Straße, alle wollten dabei sein, das 1:1 gegen den Hamburger SV nährte die Hoffnung auf eine stolze Ära, doch am Ende fehlten den Preußen zwei Punkte.

Aktuelles Traumziel ist die 3. Liga. Bundesliga (noch) kein Gedanke, und doch beziehen sie in Münster ihren Stolz aus dem einen Jahr in der Eliteliga. Und ihren unerschütterlichen Glauben an bessere Fußballzeiten. So wie fast alle, die einmal dabei waren.

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