Schweißtreibende Ernte im Südseegarten

Sonnenschutz und Wasserversorgung: Wer auf einer Insel Gemüse will, muss mehr tun als Samen auf den Boden werfen.

Tonga. Die Natur in der Südsee lässt sich nicht einschüchtern, es ist erstaunlich. Bäume und Pflanzen auf unserer Insel sind nach dem Zyklon, der unser Inselarchipel heimgesucht hat, über Nacht wiederauferstanden.

Überall ragen grüne Triebe in die Höhe, viele Bananenstauden und Papayas tragen schon die nächsten Früchte. Nur das Gemüse im Garten braucht etwas länger - aber immerhin, Gurken, Tomaten und Chinakohl sind fast reif zur Ernte.

Besonders freut uns, dass zu unserem Gartenglück bald auch Wassermelonen beitragen, mit denen wir nicht gerechnet hätten.

Ein Überraschungsbesuch ist es, der sie uns beschert. Wir schrecken auf, als wir eines Tages in der Ferne ein Geräusch vernehmen, dass sich deutlich vom gewohnten Wellenrauschen unterscheidet. Der Motor eines Fischerbootes, das wir nur als kleinen Punkt draußen, außerhalb vom Riff erkennen.

Dorfchef Tevita steht wenige Minuten später am Strand. Er drückt mir zwei dicke Snapper in die Hand, und jene riesige, wunderschöne Wassermelone. Wir gestikulieren erfolgreich und ich bedanke mich artig.

Ich frage mich allerdings noch immer, wie Tevita es wohl geschafft hat, mit einer glühenden Kippe im Mund ins Meer zu springen, durch das tiefe Wasser zu waten, seinen Fang zu überreichen, wieder zurück zu schwimmen, und mit der gleichen glühenden Kippe im Mund den Motor zu starten und die Lagune zu verlassen.

Die Melone zerlegen Nina und ich gleich nach dem Snapper-Menü mit der Machete und schlingen sie in großen Stücken herunter - die Samen kommen zum Trocknen in die Sonne. Sie werden noch prächtig wuchern.

Dem Garten gilt in dieser Phase des Inseldaseins unsere ganze Aufmerksamkeit. Es geht uns wie den Hobbits aus Herr der Ringe: Wir mögen es, Dinge wachsen zu sehen. Als besonders wichtig stellt sich ein Sonnenschutz für die Pflänzchen heraus. Sie sehen anfangs immer so mitgenommen aus, wenn sich die Mittagshitze an ihnen ausgelassen hat.

Bis wir uns daran erinnern, wie die „locals“ (Einheimischen) dieses Problem beheben. Im Inseldschungel gehe ich auf Suche nach Astgabeln und Querästen, während Nina an Kokosnusspalmen die passenden Blätter auswählt, die später auf knapp halbe Meter hohe Gerüste gelegt werden und Schatten geben sollen.

Besonders ausgeklügelt ist an einem unsere Beete die dringend notwendige Wasserversorgung. Man glaubt es kaum, aber wir finden im unwirtlichen Dickicht eine kaputte Kühltruhe, die wir kurzerhand zur Wassertonne umfunktionieren. Einfach eine Plane darüber gespannt, und schon platscht der Regen hinein.

Die Kühltruhe muss aus einem Segelboot stammen, denn wenige Meter weiter finden wir einen etwa 15 Meter hohen Mast. Vor zehn Jahren sollen Segler bei einem Sturm am Riff gekentert sein, haben wir herausgefunden. Mysteriöse Sache.

Fundstücke bei Inselrundgängen erleichtern uns insgesamt einiges. Da wären nicht nur zwei leere 160-Liter-Plastiktonnen, in denen wir nun auch Regenwasser sammeln. Es kommen zudem ständig neue Plastikflaschen hinzu, die es neben exotischen Kauri-Muscheln hin und wieder am Strand anspült.

Wir halbieren sie und nutzen sie als kleine Pflanzbecher. Inzwischen haben wir rund 50 Tomaten- und Auberginensetzlinge, jeden Tag sind einige davon zum Auspflanzen bereit. Wir kamen als Anfänger daher, aber die Sache wird so langsam professionell.

Im Inselinnern stoßen wir zudem immer wieder auf neues Essbares. So zum Beispiel auf eine Reihe von Brotfruchtbäumen, an denen momentan auch einzelne reife Früchte hängen. Die Schwierigkeit besteht nur darin, sie zu ernten. Sie hängen zu hoch.

Irgendwie müssen wir einen Weg finden und wenn wir Kokosnüsse nach ihnen werfen. Einfacher ist es mit den Yamswurzeln, die im Busch wachen. Die kartoffelähnlichen Knollen ergeben leckere Chips, wenn wir sie in dünne Scheiben geschnitten anbraten.

Für die beste Entdeckung der vergangenen Wochen halten wir aber nach wie vor Bele, eine Art Südseespinat. Das wächst in mehreren Büschen an einer ganz versteckten Stelle. Leckere Ergänzung zu unserer Ernährung, deren Vielfalt leider kurzzeitig gelitten hat.

Mit ganzen vier Wochen Verspätung kam unsere erste große Lieferung an Nachschub auf der Insel an! Die Fähre hatte ein paar Startschwierigkeiten. Tonga Time. Mit der Zeit lernt man, sich nicht mehr über so etwas aufzuregen. Der Sohn von Dorfchef Tevita hat uns schließlich die Kartons gebracht, die wiederum mit der geflickten, kleinen Fähre auf seine Insel kamen.

Ein Freund hatte uns in Tongas Hauptstadt in diversen Einkaufsmärkten all das zusammengekauft, was auf unserer Liste stand. Endlich wieder Milchpulver, was uns ausgegangen war, Mehl, Zucker, ein wenig Marmelade, Eier, Saftkonzentrat. Die Eier wollen wir in Zukunft aber nur noch richtig frisch bekommen - ein paar Hühner samt Hahn stehen auf der nächste Liste.

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