In Byron Bay tanzen die Hippies auf der Straße.

WZ-Autorin Juliane Kinast hat die außergewöhnliche Stadt besucht und fragt sich, warum ihr noch nie aufgefallen ist, wie unglaublich viel man mit einem einzigen Tag anstellen kann?

WZ-Autorin Juliane Kinast beim Känguru-Füttern.

WZ-Autorin Juliane Kinast beim Känguru-Füttern.

Melbourne. Nach meinem Touri-Tag in Sydney beziehungsweise Sidni mache ich eine Pause vom Sightseeing und besuche meine Freundin Tash in Port Macquarie, einige hundert Kilometer weiter im Norden. Sie habe ich vor Jahren mal auf Reisen kennen gelernt und wir sind immer in Kontakt geblieben.

Ich schlafe auf dem 100-Acre-großen Besitz ihrer Eltern, blicke beim Aufwachen auf grüne Kuhwiesen und die Katzenbabys, die auf der Holzveranda spielen. Australische Romantik. Aber Tash sorgt auch dafür, dass ich ein bisschen Touristenprogramm bekomme: Im Billabong Zoo lässt sie mich Koalas streicheln (die sind gar nicht so borstig, wie sie aussehen, sondern sehr, sehr weich) und Kängurus füttern.

Neues Jahr, neue Stadt - die Reise geht weiter
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Leider bin ich zu sehr unter Zeitdruck - in ein paar Tagen geht mein Flieger nach Asien -, um die Kuhweiden-Romantik lange zu genießen. Und Tash muss studieren. Also nehme ich mir auf meinem Weg Richtung Norden noch eine weitere Stadt vor, die ich wie Sidni in einem Tag abfertigen will: Byron Bay Als ich das Tash erzähle - einer Ur-Australierin vom Lande -, fragt sie nur: "Wieso? Ich wollte da noch nie hin. Sind doch nur Hippies."

Ich komme in Byron Bay abends um neun Uhr mit dem Greyhound Bus an und schreibe Tash fünf Minuten später eine Nachricht: "Du hattest Recht: Wirklich nur Hippies. Und ich liebe es!" Wenn das Produkt, das Melbourne repräsentiert, der Skinny Flat White ist (Kaffee mit fettarmer Milch, den sich die fitnessorientierte Stadtbevölkerung literweise reinschüttet), so ist es im Falle von Byron Bay wohl ein regenbogenfarbener Traumfänger. Das ist nicht einmal eine Hyperbel, ich habe sie wirklich gesehen.

Ein Typ mit unter der Mütze hervorkräuselnden Locken, der sich Duggy nennt, holt mich vom Bus ab und fährt mich in mein Hostel, die Arts Factory. Diese ist ganz viel Holz, ein Pool in der Mitte, Hängematten, Lagerfeuer, der Geruch von Marihuana. Und einen Meter lange Echsen, die zwischen den Palmen umherwieseln - es ist schon deutlich, dass ich dem tropischen Queensland näher komme.

Meine Nachricht an Tash trifft es im Kern: In der winzigen Innenstadt von Byron Bay torkeln und tanzen am späten Abend Männer in Röcken und Frauen mit bunten Bändern im Haar herum, gerne mal barfuß. Ein Kontrast zum stöckelnden Melbourner Nachtvolk, der mir sehr willkommen ist. Ich genieße meinen Abend und das Beobachten der Menschen ebenso wie meinen nächsten Tag, an dem ich zum Tallow Beach spaziere und dann hoch auf die Spitze des Cape Byron, zum Leuchtturm und dem östlichsten Punkt des australischen Festlandes.

Die Vegetation hier ist schon fast Regenwald. Mein Dinner in einem organischen Café, den Weißwein aus einem Pappbecher zum Sonnenuntergang am Strand und die Reggae-Party mit meinen Hostel-Mitbewohnerinnen habe ich mir bei dem stundenlangen Auf- und Abstieg verdient. Warum ist mir zu Hause eigentlich noch nie aufgefallen, wie unglaublich viel man mit einem einzigen Tag anstellen kann? Noch eine Lehre, die ich mitnehmen und nie mehr vergessen will. Gut, dass ich sie jetzt aufgeschrieben habe.

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