Zum ersten Mal „Kraxeln“ im Klettersteig

Bad Tölz/München (dpa/tmn) - Das Drahtseil führt in ein Gelände, das Wanderer sonst nicht zu Gesicht bekommen. Deshalb üben Klettersteige einen ganz besonderen Reiz aus. Sie sind luftig und ein echtes Abenteuer - aber nicht für jeden zu empfehlen.

Sechs Jahre ist es her, dass Daniel Stephan sich das erste Mal an einen Klettersteig getraut hat. „An einer ausgesetzten Stelle habe ich mich von der Felswand weggelehnt und musste mich nur auf mein Material verlassen“, erzählt der 28-jährige Münchner. „Unter mir ging es 300 Meter in die Tiefe.“ Mit zehn Studienkollegen und einem Kletterführer war er damals unterwegs. „Es hat sich sehr gut angefühlt. Ich hatte keine Angst, aber Respekt.“ Eine fast senkrechte Wand über eine drahtseilgesicherte Route erklimmen: Dieses Abenteuer lockt jede Saison viele Klettersteig-Anfänger in die Alpen.

„Es gibt immer mehr Bergbegeisterte, die das mal ausprobieren wollen“, sagt Andreas Biberger vom Verband Deutscher Berg- und Skiführer (VDBS) in Bad Tölz. „Wenn ich mit einer Gruppe in die Berge gehe, sind viele Neulinge dabei. Es sind Wanderer, die ein bisschen anspruchsvoller im Gebirge unterwegs sein wollen, aber auch Sportbegeisterte, die etwas Neues erleben wollen.“

Klettersteig-Gehen ist deshalb so beliebt, weil das Prinzip recht simpel ist: Man muss immer beide Karabiner im Drahtseil eingehängt haben, außer beim Wechsel auf das nächste Seil. Komplizierte Knoten sind nicht zu beherrschen.

„Steile Wände, Schluchten und Kamine haben Wanderer sonst nicht unter den Füßen“, sagt Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein (DAV) in München. „Das ist ein Gelände, das sonst nur extremen Klettern vorbehalten ist. Es bringt andere Perspektiven und mehr Naturgenuss.“

Ein Kinderspiel ist ein Klettersteig aber nicht - kein Anfänger sollte unbedarft in die Wand gehen. Das Kraxeln ist konditionell sehr anstrengend, Kraft und Ausdauer sind Grundvoraussetzungen. „Der Zustieg zur Wand dauert oft schon eine Stunde, man trägt einen Rucksack, und dann kommt noch die Sonne hinzu“, erklärt Winter.

„Am häufigsten gibt es bei meinen Führungen irgendwann Probleme mit der Kondition“, bestätigt Biberger. Trittsicherheit und absolute Schwindelfreiheit sind Pflicht. „Mit Höhenangst kann die Situation im Steig schnell gefährlich werden.“

Es kann helfen, wenn Anfänger schon einmal in einer Indoor-Halle geklettert haben. Es sei aber nicht zwingend erforderlich, sagt Winter. „Draußen klettern ist ohnehin anders. Eine Felswand ist kein gewartetes Sportgerät.“ Das Gestein ist oft brüchig und „schwer zu lesen“, Griffe sind nicht so leicht zu erkennen. Auch Steinschlag und schlechtes Wetter drohen. „Man darf sich nicht verleiten lassen und sagen: In der Halle habe ich alles im Griff. Die Bedingungen kann man nicht eins zu eins auf die natürliche Wand übertragen.“

Bevor es richtig in die Höhe geht, bieten sich Schnupperkurse im Klettergarten an. Sie liegen oft in Hüttennähe, der Zugang ist leicht. „Wer erst ein wenig sicherer werden möchte, findet dort Übungssteige und Modellwände“, erklärt Biberger. Danach können Klettersteig-Geher ihre erste leichte Tour in freiem Gelände machen.

Sie sollten dabei klein anfangen: Die Schwierigkeitsstufe A mit kleineren Stellen der Stufe B sei machbar. Bei längeren und mehreren B-Passagen kämen Anfänger aber schnell an ihre Grenzen. „Die Wände sind dann steiler und können schon sehr anstrengend und kraftraubend sein.“ Und länger als zwei Stunden sollte die Tour nicht dauern.

Welche Steige es in einer Ferienregion gibt, erfahren Bergsportler bei Tourismusverbänden oder in Klettersteig-Foren im Internet. Als Neuling einen Bergführer zu nehmen, ist nach Ansicht von Stefan Winter nicht zwingend nötig. Wer ein sicheres Gefühl haben möchte, ist mit einem Profi aber vielleicht besser beraten. Dann steht der Eroberung der nackten Wand nichts mehr im Wege.

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