Phänomen No-Shows Von freien Plätzen in vollen Flugzeugen profitieren

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Manchmal ist es ganz einfach, auf einen Schlag 400 Euro zu verdienen. Man muss als Fluggast nur schnell genug seine Hand heben.

Phänomen No-Shows: Von freien Plätzen in vollen Flugzeugen profitieren
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Ein Beispiel: Es war in München, kurz vor dem Abflug nach Toronto. Beim Boarding teilte die Mitarbeiterin der Lufthansa mit, dass die Maschine überbucht war. Ob sich wohl drei Gäste fänden, die für je 400 Euro Sofort-Entschädigung bereit wären, erst am nächsten Morgen zu fliegen? Die Nacht im Hotel würde natürlich übernommen.

So gut wie immer gibt es Passagiere, die nicht zu ihren Flügen erscheinen. „No-Shows“ werden sie genannt. Deshalb überbucht jede Airline ihre Maschinen. Allein bei Lufthansa erscheinen jedes Jahr drei Millionen Passagiere nicht am Check-in-Schalter, wie Lufthansa-Sprecher Florian Gränzdörffer sagt. Doch nur volle Flieger sind rentabel. Man müsse davon ausgehen, dass ein Flugzeug zu durchschnittlich rund zehn Prozent überbucht wird, sagt David Haße vom Portal Airliners.de. Dass dennoch nur selten jemand am Gate zurückbleibt, hänge mit dem ausgeklügelten Prognose-Management der Fluglinien zusammen. Airlines wüssten recht genau, auf welchen Strecken Passagiere häufiger nicht erscheinen — und warum.

„In das Prognose-System fließen Umbuchungs-Statistiken, aktuelle Wetterdaten, Feiertage, Ferienzeiten und Eventinformationen am Start- und Zielort ein“, erklärt Haße. Ein Beispiel: Jemand hat ein Billigticket für unter 50 Euro hin und zurück für ein Wochenende nach Barcelona gebucht. Schon Tage vor dem Abflug ist klar, dass das Wetter sich wegen eines Sturmtiefs über Spanien um 15 Grad abkühlt. „Dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ groß, dass dieser Gast seinen Flug verfallen lässt“, so Haße.

Bereits 361 Tage vor dem Start beginnt Lufthansa, das Prognosesystem für jeden Flug mit Informationen zu füttern. Ergebnis: 300 000 Passagiere wurden 2015 auf eigentlich ausgebuchten Flügen doch noch befördert. „Auf einen Passagier, dem wir am Gate sagen müssen, dass er wegen Überbuchung leider nicht mitfliegen kann, kommen acht Gäste, denen wir trotz Überbuchung noch einen Sitzplatz anbieten können“, sagt Gränzdörffer.

Wie ist die Rechtslage? Für Passagiere, die wegen Überbuchung aufgrund der falsch prognostizierten No Shows am Boden bleiben, ist die Sache eindeutig: Ihnen steht mindestens eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung zu. Hinzu kommen die kostenlose Umbuchung auf den nächstmöglichen Flug, falls nötig Übernahme der Hotelkosten sowie Auslage von entstehenden Nebenkosten wie Mahlzeiten, Telefonaten und eventuelle Transfers.

Für Passagiere, die einfach nicht erscheinen, ist die Sache dagegen komplizierter. Denn im Einzelfall kann die Fluggesellschaft bei Nichtinanspruchnahme des Rückfluges Mehrkosten erheben. „Etwa dann, wenn durch eine bestimmte Kombination von Flügen ein günstigerer Ticketpreis erhältlich ist“, erklärt Holger Hopperdietzel, Anwalt einer Kanzlei für Reise- und Tourismusrecht in Wiesbaden.

Die Ticketkombination von Wien über Frankfurt nach Bangkok und zurück zum Beispiel ist als Paket günstiger als die Strecke Frankfurt-Bangkok. Wenn der Fluggast die letzte Teilstrecke Frankfurt-Wien nun nicht in Anspruch nimmt, könne er mit einer Nachbelastung rechnen, sagt Hopperdietzel. Die meisten Airlines regeln in ihren AGB, dass ein Fluggast verpflichtet ist, alle im Flugschein ausgewiesenen Teilstrecken in der beschriebenen Reihenfolge in Anspruch zu nehmen. Wer bei einem einfachen Hin- und Rückflug ohne Umsteigen die Reise nicht antritt, kann seine Flüge aber einfach verfallen lassen.

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