Trüffeln — das schwarze Gold von Istrien

Wo der Hund seine Nase reinsteckt, gräbt der Mensch: Auf der Suche nach den kostbaren Trüffeln sind speziell geschulte Vierbeiner im Einsatz. Das berühmte Schwein allerdings nicht mehr.

In Istrien, auf der kroatischen Halbinsel an der nördlichen Adria, herrscht Goldgräberstimmung. Im Herbst sind die Trüffelsucher unterwegs — auf zwei und auf vier Beinen. Für die tolle Knolle werden je nach Qualität Kilopreise bis zu 5000 Euro bezahlt. Und die eigentlichen Experten — Spürhunde mit feinen Nasen — arbeiten für ein paar Streicheleinheiten und ein Leckerli.

Trüffeln — das schwarze Gold von Istrien
Foto: Wolfgang Radau

Danijela Puh repräsentiert in der inzwischen vierten Generation eine Familie von Trüffelsuchern im Mirnatal bei Buzet. Mit ihrem Mann Marko betreibt sie eine moderne Trüffel-Manufaktur — mit Trüffelöl, pikanten Trüffelsaucen, sogar Bier mit einer feinen Trüffelnote. Und natürlich mit Trüffelknollen aus dem eigenen Vier-Hektar Wald. Die werden auf eine elektronische „Goldwaage“ gelegt und nach Tagespreisen berechnet. Mit einer walnussgroßen Zehn-Euro-Knolle kann man schon ein köstliches Pasta-Gericht mit gehobelter oder geraspelter Trüffel verfeinern.

Anita, Danijelas Mutter, ist eher die klassische Trüffelsucherin. Mit jeweils zwei ihrer fünf Hunde, in Jeans und Gummistiefeln, ausgerüstet mit einer schmalen Grabeschaufel, streift sie über Berg und Tal durch den Wald. Am liebsten nachts, mit einer Lampe vorn auf dem Hut. „Nachts werden die Hunde nicht durch fremde Geräusche abgelenkt“, sagt die Expertin. Acht Stunden kann eine solche Nacht-Wanderung dauern. Für die Hunde hat sie Wasser im Rucksack.

Die Hunde, diesmal die hellbraune Mojica (drei Jahre alt) und die schwarze Biba (zehn Jahre alt), sind sozusagen mit der Muttermilch an den Geruch von Trüffeln gewöhnt. Sie erspüren auf drei Metern den unterirdischen, würzigen Duft nach Erde und Laub, Pilzen und Knoblauch, den die Trüffel nach ihrer Reife nur wenige Stunden verströmt. Wo der Hund seine Nase hineinsteckt, gräbt die Chefin das schwarze Gold aus der Erde. Vorsichtig, damit die Knolle nicht beschädigt wird. Dann bekommen die Suchhunde ihren Keks und werden zur Belohnung gekrault.

Trüffelhund — ist das eine bestimmte Rasse? „Nein, das sind ganz normale Mischlingshunde. Wir bekommen sie als Babys von Nachbarn“, sagt Danijela Puh. Die Ausbildung: Die Zitzen der Hundemutter werden bereits mit Trüffelöl benetzt. Später gibt es dann Brotstücke mit Trüffel-Geschmack und Hunde-Plätzchen. Hunde, die dann immer noch keinen ausgeprägten Geruchssinn haben, werden wieder in der Nachbarschaft verschenkt.

„Biba ist unsere Beste“, sagt Danijela Puh. Ein Spitzen-Trüffelhund findet in seinem Arbeitsleben bis zu 100 Kilogramm der begehrten Knollen. „Wir bilden nur Weibchen aus“, sagt Danijela, „die lernen schneller, gehorchen besser, sind konzentrierter als Rüden und spielen erst, wenn die Arbeit getan ist.“

Und dann ist da noch die Frage nach den vierbeinigen Konkurrenten, den Trüffelschweinen. „Die Frage ist entschieden“, sagt Danijela Puh. „Jacqueline war vor 15 Jahren das letzte aktive Trüffelschwein. Schweine fressen die Trüffeln, bevor man sie in Sicherheit bringen kann. Und Schweine werden dick und damit unsportlich. Bei uns in Istrien spricht alles für den Hund.“

Istrien, zwischen dem Golf von Triest und der Kvarner Bucht vor Rijeka gelegen, hat rund 200 000 Einwohner. Gut 2000 von ihnen haben eine staatliche Lizenz zur Trüffelsuche — noch einmal so viele suchen sozusagen „schwarz“. „Früher wurden privat gesammelte kroatische Trüffeln nach Italien geschmuggelt und dort als Alba-Trüffeln zu Geld gemacht“, sagen die Puhs. „Heute wird überwiegend für den Gebrauch in der eigenen Küche gesucht. Wir lassen die Leute — sie nehmen ja nur, was die Natur ihnen anbietet.“

Urlauber, vor allem aus Italien, Österreich und Deutschland, kommen jedes Jahr zum Trüffelherbst nach Kroatien. Überall zwischen Buzet im Nordosten entlang des Flusses Rasa bis nach Pazin im Süden knistern in Landgasthöfen (Konobas) Holzfeuer, auf denen in Pfannen oder Töpfen deftige Fisch- und Fleischgerichte schmoren — selbstverständlich mit Trüffeln verfeinert. Hier kommt vor allem die schwarze Trüffel zum Zuge, die der Speise ihren Geschmack und dem Raum ihren Duft abgibt.

Schwarze Trüffeln wachsen fast das ganze Jahr über, während die begehrte weiße Trüffel von September bis Anfang Januar zu finden ist. Sie verträgt keine Hitze und darf ausschließlich frisch über Speisen gehobelt oder geraspelt werden. Schwarze Trüffeln schmecken zu Hendln (in Scheiben unter die Haut gesteckt), zu gebundenen Suppen und Bratensoßen, zu weißem Fisch in Rahmsoße. Weiße Trüffeln passen perfekt zu Rühr- und Spiegelei, mit Spinat, Nudeln, Risotto, Gnocchi und Polenta.

Wer nun meint, das grüne, markant hügelige Istrien sei allein eine Region der deftigen, schmackhaften Landküche, der wird vor Ort eines Besseren belehrt. Überall im Trüffelland weisen „Tartufo vero“-, Michelin- und Gault-Millau-Tafeln auf ausgezeichnete Gastronomie hin, die neben Trüffelspezialitäten auch international preisgekrönte heimische Weine und Olivenöle auf den Tisch bringen.

Wer allerdings das Trüffel-Gold als Souvenir mit nach Hause nehmen will, sollte besondere Regeln beachten: Die Knollen in Küchenkrepp einwickeln, in ein einem Marmeladenglas einschließen, so schnell wie möglich ab in den Kühlschrank und alsbald verarbeiten. Denn der teure Pilz verliert jeden Tag an Geruch und Geschmack — in der heimischen Küche wie auch im Wald von Buzet. Der Autor reiste mit Unterstützung des Tourismusverbandes Istrien.

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