Philippinen: Die längste Weihnachtsparty der Welt

Bei den Christen im Fernen Osten wird schon seit Ende September gefeiert.

Düsseldorf. Vom Marktstand grinst der Weihnachtsmann, in Mantel und Mütze bei 30 Grad. Christkugeln schaukeln von Palmenzweigen, ein Kripplein steht im Sonnenschein. Am Spieß dreht sich das Spanferkel - es wird ein Festmahl zum Fest der Feste: Wer dieser Tage auf die Philippinen kommt, erlebt das Reich der 7000 Inseln im Weihnachtsfieber.

Kinderstimmen aus Lautsprechern trällern "Jingle Bells" in die Einkaufszentren Manilas, all’ überall sind Paroles zu sehen: Die bunten Laternen der Weihnachtszeit bereiten Besuchern aus dem fernen Europa ein freundliches Willkommen. "Mabuhay" lautet das Wort dazu, und es ist für die Filipinos mehr als nur ein Gruß.

"Mabuhay" steht für Gastfreundschaft und sympathischen Aktionismus - gerade jetzt, zur Weihnachtszeit. Längst sind alle wichtigen Vorbereitungen für das große Fest getroffen: "Wir haben schon im September damit angefangen", sagt Cristy aus Manila, Stadtkennerin, und wie die meisten ihrer Landsleute ganz verrückt nach Weihnachten.

Manche sagen, das Christfest auf den Philippinen sei das längste der Welt. Zumindest aber wird es mit Inbrunst zelebriert und bis weit in den Januar ausgedehnt. In der kommenden Woche beginnt der Endspurt im Feier-Marathon: Ab 16. Dezember, und damit neun Tage vor Weihnachten, werden die Christen im Fernen Osten allmorgendlich vor Sonnenaufgang mit Gesang, Straßenorchestern und Feuerwerk zur Misa de Gallo genannten Messe gerufen, einem 200 Jahre alten Brauch, der das Weihnachtsfest buchstäblich einläutet.

Gefeiert wird in der Millionen-Metropole Manila, in den Touristen-Resorts von Boracay, in den abgeschiedenen Paradiesen der Inselwelt Palawans und im Norden Luzons. Überall ein wenig unterschiedlich, überall ausgiebig.

Die Philippinen sind christlich geprägte Inseln inmitten anderer Kulturwelten. Fast 400 Jahre spanischer Kolonialgeschichte haben das Land geprägt, seine Kultur und seine Religion - mehr als 80 Prozent der Insulaner sind Katholiken. Von den Spaniern sind bis heute Familiennamen geblieben, zahlreiche Wörter in der Landessprache Tagalog und eine Küche, zu der Empanadas - Teigtaschen - ebenso gehören wie die Nachspeise Flan oder Lechon, das Spanferkel. Dem Besucher zeigen sich die europäischen Spuren auch im verblüffend schnellen gegenseitigen Verständnis.

Mimik, Gestik und Umgangsformen wirken nicht nur vertraut, sie sind es oft auch. "Westlicher Geist, lateinamerikanisches Herz und asiatische Seele", so beschreiben die Filipinos sich selbst. Unverbesserliche Überlebenskünstler seien sie, bescheinigen andere den Insulanern: Trotz bitterer Armut verstehe man stets zu leben.

Wem das in der Heimat nicht möglich ist, der geht gastarbeiten. Fast zehn Millionen Filipinos, mehr als zehn Prozent der Bevölkerung, arbeiten ständig im Ausland. Die sogenannten Overseas Filipino Workers (OFW) verdingen sich in asiatischen Nachbarländern, in Europa, den USA und reichen arabischen Ländern. Ihre Überweisungen betragen mehr als zehn Milliarden US-Dollar jährlich.

Jetzt, zur Weihnachtszeit, versuchen viele, nach Hause zu kommen, zum wichtigsten Fest des Jahres. Weihnachten, das ist auf den Philippinen vor allem ein geselliges Familienfest, das Kinder, Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten einbezieht. Und bei dem nicht gespart wird - auch wenn das Geld oft kaum zum Festmahl reicht. Dann wird halt improvisiert.

"Flexibilität ist unsere Stärke", sagt auch Cristy aus Manila, die in den 70er Jahren als Krankenschwester nach Stuttgart kam. Sie erinnert sich noch genau an ihren ersten Aufenthalt im vorweihnachtlichen Deutschland. An die Kälte, die Dunkelheit und offenbar tote Natur: "Das war so traurig - alle Bäume ohne Blätter!" Doch dann saß Cristy mit ihrer Gastfamilie bei Tisch, es wurde "O Tannenbaum" gesungen, und die junge Frau fühlte sich gleich viel besser. "Die Adventszeit in Deutschland ist schön", sagt sie.

Doch temperamentvoller sei das Fest in ihrer Heimat: "Kommt einfach mal her, schaut es Euch an und feiert mit!" Eine Einladung zum Christfest bei tropischer Hitze, zum Heiligen Abend auf den Philippinen: Wer hierzulande Sonnenschein und Feierlaune vermisst, erlebt dort im Wortsinn frohe Weihnachten.

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