Mit dem Ranger auf Tour

Wildkatzen, Wölfe und jede Menge Natur: Jetzt beginnt die Wandersaison. Eine der schönsten Regionen liegt im Hunsrück.

Unter den schweren Schuhen gibt der weiche Waldboden nach, Blätter und kleine Holzstückchen federn die Schritte ab. Der Weg ist gut zu erkennen, naturbelassen und wird zunehmend steiniger. „Feste Schuhe sind ein Muss“, sagt Reiner Philippi. Er ist Ranger im Nationalpark Hunsrück-Hochwald in Rheinland-Pfalz und führt interessierte Wanderer durch sein Revier. Das ist an diesem Tag eine etwa dreistündige Tour über den Saar-Hunsrück-Steig, genauer gesagt die Felsentour.

Mit dem Ranger auf Tour
Foto: Daniela Kebel

Reiner Philippi, Ranger

Los geht es am Rangertreff und Wildfreigehege Wildenburg, das unterhalb der gleichnamigen Burg liegt. Auf einer Fläche von 42 Hektar ist dort vor mehr als 50 Jahren ein Areal entstanden, in dem Besucher die heimische Tierwelt in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten können. Neben Uhus, Enten, Hängebauchschweinen und Rotwild gibt es Steinmarder, Waldziegen und Waschbären zu sehen — doch die Stars sind zweifellos die Wildkatzen.

Verletzte oder verwaiste Tiere werden in der Station aufgepäppelt und wieder ausgewildert, heute gibt es dort das wohl größte Wildkatzenvorkommen Mitteleuropas. „Wir zählen die Tiere“, sagt Philippi und erklärt auch gleich, wie. Denn die Populationsgröße wird mit Hilfe von Pfählen bestimmt, die an bestimmten Stellen im Boden verankert werden. Auf die Pfähle wird ein für Katzen verlockender Duft gesprüht: Baldrian. „Wenn sich die Tiere dann an den Stäben reiben, bleiben ein paar ihrer Haare in den Kerben des Pfahls hängen. Die sammeln wir ein und geben sie in eine gentechnische Untersuchung“, sagt der Ranger. Dadurch lassen sich Alter und Gesundheitszustand bestimmen — und natürlich die Zahl der Tiere. Zu sehen sind die scheuen Katzen allerdings nicht, zumindest nicht tagsüber.

Reiner Philippi

Wölfe gibt es ebenfalls im Wildfreigehege, doch sind sie im Hunsrück seit vielen Jahren nicht mehr heimisch. 1879 wurde nach Angaben des Hunsrückvereins Wildfreigehege Wildenburg der letzte noch in Freiheit lebende Wolf erschossen. Der Verein beobachtet jedoch, ob der Wolf auch nach Rheinland-Pfalz eines Tages zurückkehrt. Die Tiere im Wildfreigehege sind bei absolutem Jagdverbot jedenfalls in Sicherheit.

Auf dem Weg über den Saar-Hunsrück-Steig wird es immer felsiger, bis es schließlich über größere Steine weitergeht. Die Wanderer konzentrieren sich auf jeden Schritt. „Die massiven Steine bieten den Wildkatzen Unterschlupf“, sagt Philippi. Helmut ist froh, dass er seinen Wanderstock dabei hat. Der Rentner geht jeden Sommer einen anderen Wander- oder Klettersteig, in diesem Sommer ist es ein Teil des Saar-Hunsrück-Steigs. Der Weg ist insgesamt 410 Kilometer lang und eingeteilt in 27 Etappen vom saarländischen Perl an der Mosel über Idar-Oberstein und den Hunsrück bis nach Boppard am Rhein. Mit dem „Deutschen Wandersiegel“ hat der Premiumweg die höchste Auszeichnung, die ein Wanderweg europaweit bekommen kann. Zu recht, wie Helmut findet: „Die Landschaft ist wirklich einmalig. Dichte Laubwälder aus uralten Bäumen, dann wieder weite Landschaften mit Bachläufen und Wiesen und immer Naturwege, auf denen man unterwegs ist.“

Es ist die Ruhe im Wald, die ihm besonders wichtig ist. Raus aus der Stadt, keinen Verkehrslärm zu hören, nur die Vogelstimmen aus den Baumkronen oder das Rascheln kleiner Tiere im Gestrüpp. Wer die Natur liebt, ist auf dem Saar-Hunsrück-Steig genau richtig. Auch, wenn es in felsigen Abschnitten oder auf Steigungen auch mal anstrengend wird. Geröllfelder aus Schiefergestein, die es zu überqueren gilt, sind Millionen Jahre alt, Ranger-Touren sind immer auch ein Abstecher in die Geschichte der Erde. Aber sie vermitteln auch Praktisches: Wie den Unterschied zwischen Farnarten, und dass man mit großen Pilzen, die an Baumstämmen wachsen, Feuer machen kann.

Dass ungefähr 60 Prozent des Steiges Naturwege und Pfade sind, bedeutet aber auch, dass Wanderer zum Übernachten und Essen den Weg verlassen und zu den kleinen Orten ringsum laufen müssen. Wer lange Tagesetappen mit Gepäck plant, sollte deshalb an die Entfernung zum jeweiligen Übernachtungspunkt denken.

Ideal für Tagestouren sind daher die Traumschleifen. Als sechs bis 20 Kilometer lange Rundwege angelegt, führen sie immer zum Startpunkt zurück. Manche von ihnen sind auch direkt vom Saar-Hunsrück-Steig zu erreichen oder eignen sich als kurze Touren zum Start einer längeren Wanderung.

Wie beispielsweise die Öhlmühlentour, eine etwa 7,5 Kilometer lange Strecke, die in Morbach startet und endet. Das Wildfreigehege liegt auf dem Wanderweg von Morbach nach Kempfeld, einer rund 18 Kilometer langen Tour. Breite Wege führen zum Teil über Hochmoore, Wiesen und durch dichten Eichenwald. Eine Blindschleiche ringelt sich über den Weg, obwohl es erst früher Nachmittag ist, ist es bereits dunkel im Wald. Bergauf und bergab führen steinige, enge Pfade — es sind einige Höhenmeter, die den Wanderern abends in den Beinen stecken werden. „Die Topographie ist anspruchsvoll“, resümiert Helmut abends die Strecke. „Eine gute Kondition sollte man schon mitbringen.“

Die Autorin reiste mit Unterstützung der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH.

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