Kenias rosarotes Herz

Weite Ebenen, Hochland und Küste: Kenia bietet eine faszinierende landschaftliche Vielfalt. Die Seen sind stille Paradiese — und Heimat tausender Flamingos und Pelikane.

„Ich hatte eine Farm in Afrika . . .“ Wer diesen Satz liest, hört die sanfte Stimme von Meryl Streep, sieht die weite Landschaft Kenias vor sich. Ein scheinbar endloses Land, die Sonne brennt heiß vom wolkenlos blauen Himmel auf die halbverdorrten Büsche und Gräser. Verträumt und wehmütig blickt die Schauspielerin in der Rolle der Karen Blixen in die Ferne, erinnert sich an ihre glücklichen Zeiten in dem ostafrikanischen Land. Irgendwann sinkt der rote Feuerball an den Rand der Savanne, beleuchtet ein letztes Mal an diesem Tag die sanften Hügel. Akazien bilden bizarre Formen mit ihren knorrigen Stämmen und flachen Baumkronen. Schwarz heben sie sich im Gegenlicht des Sonnenuntergangs ab. Grillen zirpen laut, Mücken surren durch den frühen Abend. Ein perfekter Tag in Afrika — mit oder ohne Farm.

Kenia hat Reisenden vieles zu bieten: Weite Savannen, Naturparks wie die Massai Mara mit ihren Möglichkeiten, die Tierwanderungen zu beobachten, Berg- und Hochland, dichte Wälder sowie weiße Puderzuckerstrände an der Küste des Indischen Ozeans.

Eine Fahrt durch Nairobi zeigt die Stadt ganz ungeschminkt: groß, schmutzig, laut. Den Schlaglöchern in den asphaltierten Straßen können Autos kaum ausweichen, meterhoch beladene Mopeds knattern vorüber. Ins ständige Hupen mischt sich das Dröhnen alter Dieselmotoren, eine dicke, schwarze Rußwolke stottert aus dem Auspuff eines Lastwagens. Auf dem Dach eines völlig überfüllten, klapprigen Busses stapeln sich Koffer und Matratzen, die in den Kurven gefährlich schwanken. Junge, schwarze Männer mit bunten Wollmützen lungern am Straßenrand herum, ältere mit grauen Bärten schieben wackelige Fahrräder, Sättel und Gepäckträger vollgepackt mit Haushaltswaren. Die mehrgeschossigen Häuser sind grau oder beigefarben, Wäsche hängt aus den Fenstern, Stromleitungen kreuz und quer über der Stadt. Händler laufen zwischen den Autos herum und preisen ihre Waren an: Von CDs über Süßigkeiten bis hin zum billigen Plastikspielzeug ist alles zu haben. Einige balancieren mehr als zehn bunte Hüte auf ihren Köpfen.

Wer die wunderschönen, handgeschnitzten Holzgiraffen, bunten Tücher oder den filigranen Schmuck entdecken will, schlängelt sich zwischen Marktständen hindurch und sucht am besten eine zurückhaltende Verkäuferin. Die Straße ist ein heißes Pflaster — wie fast überall in Afrika.

Lässt man die Großstadt hinter sich, beginnt die wahre Schönheit Kenias. Während der Regenzeit dominiert saftiges Grün die Landschaft, Berghänge sind dicht bewaldet. Bäume tragen riesige violette Blüten, kleine Dörfer liegen wie hingestreut in der Landschaft.

Stundenlang dauert die Fahrt über die schlecht asphaltierten Straßen, deren unbefestigte Ränder in einer Zickzacklinie einfach im Sand abbrechen. Das Hochland in der Mitte Kenias müssen sich Gäste hart erarbeiten — ebenso wie der Minivan, der tapfer über die Pisten rumpelt und seine Passagiere mächtig durchschüttelt. Doch wer Afrika wirklich erleben will, muss genauso reisen. Hautnah das Land spüren, auch wenn es jeden Tag viele Stunden dauert, bis das nächste Ziel erreicht ist.

Dann endlich taucht er auf: der Lake Bogoria, das rosarote Herz Kenias. Sie leuchtet schon von weitem, die pinkfarbene Fläche auf dem See. Glänzend liegt sie da, wie eine Insel. Und scheinbar ebenso ruhig, wie der Lake Bogoria selbst. Eine dunkelblaue, spiegelnde Fläche aus Salzwasser, umgeben von Bergen. Von oben ist der Blick grandios: Ein knallpinkes Herz, das zu den Seiten heller wird. Tausende Flamingos bilden es, schwimmen dicht an dicht, ihr rosarotes Gefieder strahlt gegen das Azur des Himmels. Regenzeit ist Flamingozeit.

Das Geschnatter ist groß, der Geruch ein bisschen modrig. Am Ufer liegen Federn und die verdauten Reste des gefundenen Fressens: Krebse und andere Schalentiere. „Wenn sie hier nicht mehr genug Nahrung finden, ziehen sie weiter“, erzählt Francis. Seit Jahren beobachtet der Guide Flamingos und Pelikane auf Kenias Seen. Wer sich in Richtung Ufer bewegt, um die riesigen Vögel aus der Nähe zu betrachten, hat keine Chance. Der gigantische paddelnde Schwarm weicht mit jedem Schritt weiter vom Ufer zurück.

Für einige Monate im Jahr sind Kenias Seen ihr Zuhause, je nach Nahrungsangebot tummeln sie sich auf verschiedenen Gewässern der Umgebung. Doch das ist nicht das einzige Highlight in dem Naturschutzgebiet. Am Ende der matschigen Piste, die durch Wald und Buschland führt, dampft es. Heiße Quellen sprudeln dort aus dem steinigen Boden am Ufer des Sees. Hinter dem Schleier aus heißem Nebel fliegt ein Schwarm Flamingos — sie heben sich von den grau-grünen Bergen der gegenüberliegenden Seite ab. Wolken werfen gespenstische Schatten auf die Hügel. Etwa 80 Grad soll das Wasser heiß sein. Schilder warnen vor der Gefahr, doch der Reiz ist groß, einen Finger einzutauchen. Es blubbert und spritzt in die Höhe, bildet kleine, kochende Pfützen im felsigen Untergrund. Darauf sind überall weiße Ablagerungen zu sehen, die von der Hitze porösen Steine zerbröseln beim Berühren. Es ist wirklich verlockend, sich in die dichte Wolke zu stellen, die feucht-heiße Luft einzuatmen und auf der Haut zu spüren. Ein Dampfbad mitten in freier Natur.

Kenia abseits der typischen Safari-Hotspots zu erleben, lohnt sich. Auf einer Tour entlang des Wassers kommt der Gast vom Hochland bis an die Küste Mombasas. Natürlich auch zu den berühmten Wasserfällen des Hochlands: den Thomson Falls. Das Wasser des Waso Nyiro Rivers bricht über die steinige Kante einer Felswand der Aberder Mountains und stürzt 72 Meter in die Tiefe. Der Ort mit diesem faszinierenden Panorama heißt Nyahururu, das Massai-Wort für Wasserfall.

Der Nationalpark Massai Mara und das Trekking am Mount Kenya gehören zum Pflichtprogramm einer jeden Reise durch das Land. Über eine Fläche von rund 1700 Quadratkilometern erstreckt sich die Massai Mara im Süden Kenias. Das National-Reservat zählt zu den schönsten Schutzgebieten weltweit, scheinbar endlose Savannen aus Gras breiten sich aus. Zebras, Gazellen und Antilopen grasen friedlich, Giraffen recken ihre Hälse in den Himmel, Elefanten planschen an Wasserlöchern. Wer geduldig auf Beobachtungsposten im offenen Geländewagen verharrt, entdeckt in den Akazienwäldern mit etwas Glück nicht nur hunderte Vogelarten, sondern auch Leoparden und — mit noch mehr Glück — auch Löwen.

Die Autorin reiste mit Unterstützung des Kenya Tourist Boards.

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