Fahrrad statt Formel 1

An diesem Wochenende dröhnen die Motoren von Ferrari & Co. über den Yas Marina Circuit in Abu Dhabi. Doch an anderen Tagen gehört die Strecke Joggern und Radfahrern.

Es ist kurz vor 18 Uhr, die Sonne versinkt beinahe in Sekundenschnelle als gelber Punkt am milchig-blauen Horizont. Dafür flammt das Flutlicht auf und tauscht die Dämmerung gegen harte, weiße und absolut schattenlose Helligkeit. Es sind immer noch knapp 30 Grad, der Countdown läuft. Menschen drängeln sich vor dem großen Metalltor, die letzten Sekunden sind angebrochen.

Pünktlich um 18 Uhr wird die Absperrung geöffnet, die erste Gruppe geht auf die Strecke: Rennradfahrer, die als schnellste denn innersten Kreis gegen den Uhrzeigersinn befahren müssen. Neben ihnen Hobby-Radler und ganz außen in entgegengesetzter Richtung Jogger und Spaziergänger.

Fahrrad statt Formel 1
Foto: Daniela Kebel

Hunderte sind auf dem Yas Marina Circuit unterwegs, wo einmal im Jahr ein Formel-1-Grand-Prix stattfindet. Immer dienstags und sonntags ist die Rennstrecke für Publikum geöffnet, zumindest, wenn keine Formel-1-Trainings stattfinden. Mittwochs ebenfalls, allerdings nur für Frauen. Dann üben Familien mit ihren Kindern dort Radfahren, Nordic-Walker absolvieren ihre Runden ebenso wie ambitionierte Sportler auf Rennrädern und in Laufschuhen.

„Wir haben viele Vereine, die hier trainieren“, sagt Mustafa. Er gehört zum Ordner-Team auf dem Circuit, fährt mit einem Golfkart die Strecke ab und hilft, wo es nötig ist. Gestürzte Personen nimmt er mit, bei mechanischen Problemen repariert er die Fahrräder. „Es gibt viele Stürze“, räumt er ein. Oft müssen Sanitäter die Wunden versorgen. „Das liegt hauptsächlich daran, dass einzelne Leute nicht auf ihrer Spur bleiben“, sagt Mustafa und wie zum Beweis rast eine Rennradgruppe aus Kindern und Jugendlichen heran. Ein älterer Herr gondelt gemütlich nach links und landet genau in ihrem Weg, der Trainer ruft laut, Vollbremsungen, Ausweichmanöver, doch im Gewusel stürzen mehrere Radfahrer. Fast könnte man meinen, der schwarze Gummiabrieb überall auf dem Asphalt wäre zu gleichen Teilen von Ferrari & Co. wie von den Rennrädern.

Mustafa kennt die besten Plätze, um die Formel-1-Autos während des Rennens zu beobachten. Zum Beispiel von Hotel Yas Viceroy aus, einem Fünf-Sterne-Hotel direkt an der Rennstrecke. Violett und pink illuminiert, ist es von einem wellenförmigen Dach überspannt. Von den Zimmern und Suiten aus haben Gäste jedenfalls einen unverstellten Blick auf den Circuit — unbezahlbar, im wahrsten Sinne des Wortes.

Am anderen Ende geht es vorbei an riesigen, leeren Tribünen, an Reklametafeln und Boxengassen. Erstaunlich, dass die Strecke so viele Rampen hat, die man im Fernsehen gar nicht erkennen kann. Langgezogen und relativ steil haben vor allem Jogger eine anspruchsvolle Route vor sich.

5,5 Kilometer lang ist der Yas Marina Circuit, Links- und Rechtskurven winden sich unter den dicht an dicht stehenden Flutlichtmasten hindurch. Wer auf Tempo gelaufen ist, steht am Rand auf der Wiese und macht Dehnübungen. Bis 22 Uhr kann jeder sein Training absolvieren, Zeiten verbessern, an der Technik feilen. Dann verstummt das Surren der Rennräder und die Tore schließen sich wieder.

2009 fand auf Yas Island erstmals ein Grand Prix der Formel 1 in Abu Dhabi statt und war der Beginn der touristischen Entwicklung auf der knapp acht Kilometer langen Insel, die nur wenige Autominuten vom Flughafen entfernt ist. Es folgte der Bau von Ferrari World, einem Themenpark, der sich ganz und gar der Formula Rossa verschrieben hat. Ausstellung und Funpark in einem, gibt es dort nicht nur die schnellste Achterbahn der Welt und weitere Fahrgeschäfte, sondern auch eine Zeitreise durch die Ferrari-Geschichte samt Ahnengalerie der bedeutendsten Fahrer. Direkt daneben wartet eine riesige Shopping-Mall, die Yas Mall. Mit einem Durchgang verbunden, so dass Besucher bequem hin- und herlaufen können.

Yas Island ist das Vergnügungszentrum Abu Dhabis, ideal für einen Familienkurztrip oder einen Tagesausflug. Es gibt ein paar gehobene Mittelklassehotels, einen Strand und einen Wasservergnügungspark — alles in wenigen Minuten per Taxi zu erreichen oder mit den kostenlosen Shuttlebussen.

Doch Abu Dhabi wäre nicht Abu Dhabi, wenn nicht auch dort Tag und Nacht gebaut würde. Überall ragen Kräne in die Höhe, Sandmassen werden umgehoben und verschoben. Es entstehen ein Warner Bros. World Abu Dhabi Themenpark und eine Halle mit der höchsten Kletterwand weltweit, entlang der gesamten Strandlinie Villen und Apartments. Geschäfte, Restaurants, Kino, Beach-Club sowie Hotels werden als „Yas Bay“ das neue Herzstück im Süden. 2022 soll alles fertig sein — doch bis dahin gibt es sicher weitere neue Ideen, die auf Umsetzung warten.

Die Autorin reiste mit Unterstützung von Abu Dhabi Culture & Tourism.

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