Die Perle der Kykladen

Wenn sich die weißen Gassen leeren, zieht der goldene Oktober in Santorin ein. Die Insel ist ein Sinnbild für Romantik.

Die Perle der Kykladen
Foto: Philipp Laage/dpa

Der Tag beginnt mit einem Terrassenfrühstück unter wolkenlosem Himmel. Mittags sucht man bei mehr als 25 Grad den Schatten auf. Wenn die glutrote Sonne dann im Ägäischen Meer versunken ist, reicht ein leichter Pulli gegen die Abendkühle. Es ist Anfang Oktober, und auf Santorin hat man das Gefühl, der Sommer geht nie zu Ende. Eine durchaus willkommene Illusion.

Doch die Saison ist fast vorbei. Jetzt, da die Touristen in angenehm dosierter Zahl zwischen den blütenweißen Häusern umherspazieren, ist es auf der allzu bekannten Kykladen-Insel vielleicht am schönsten.

Santorin ist ein Sinnbild. Zum einen für mediterrane Leichtigkeit, die hier angesichts der Preise oft nur relativ exklusiv zu haben ist. Zum anderen für Romantik. Die Kulisse der Insel ist so pittoresk, als wäre sie allein für ein kitschiges Gemälde entworfen worden. Eine Verheißung für alle Menschen, die sich lieben und dafür noch die passenden Bilder brauchen. Und Santorin liefert.

Der Hauptort Thira liegt direkt am Rand einer 300 Meter hohen Wand, die steil zum Meer abfällt. Die Häuser wurden auf den Felsen gesetzt wie Juwelen auf eine Krone. Im Mittagslicht strahlen sie gleißend. Doch der berühmte Sonnenuntergang taucht sie in ein sanftes Licht.

Noch etwas charmanter als Thira — auch Fira genannt — ist Oia im Norden. Dort befindet sich der wohl beste Aussichtspunkt: die Ruinen des Venezianer-Kastells Argyri. Abends warten an dieser Stelle Dutzende auf die goldene Stunde, und das nicht umsonst.

Wer die große Inszenierung der Natur privat genießen will, muss etwas tiefer in die Tasche greifen. Ein Zimmer in einem Boutique-Hotel oder Apartment mit Blick auf die Caldera kostet gut und gerne 300 Euro pro Nacht und mehr. Überhaupt ist Santorin ein Ziel für Menschen mit Geld. Und für solche mit richtig viel Geld.

Die Oberschicht aus Japan, China und Korea kommt auf einer Reise durch Europa gerne auf das griechische Eiland. In den Gassen in Thira und Oia gibt es neben Restaurants mit sechssprachigen Speisekarten vor allem Boutiquen und Juweliere. Eine schlichte schwarze Lederjacke für 1200 Euro? Für viele Gäste ein normales Mitbringsel.

Beruhigend: Santorin können auch Normalverdiener genießen. Dafür wählt man am besten eine Ferienwohnung abseits der erstbesten Lagen. Die schönsten Dinge auf Santorin sind ohnehin kostenlos, zum Beispiel die Wanderung entlang des Kraters von Oia nach Thira im Abendlicht. Oder der schwarze Strand von Perissa, wo es sich bei 22 Grad Wassertemperatur auch im Oktober noch baden lässt.

Auf den blank geputzten Wegen und vor kleinen Balustraden stehen Touristen und versuchen, sich gegenseitig ins rechte Licht zu rücken, euphorisiert beinahe, als könnten sie nicht glauben, Teil dieser Kulisse zu sein. Die Inszenierung ist harte Arbeit. In den Lokalen wird der Kaffee lauwarm, weil die Tasse noch einige Minuten für das perfekte Instagram-Foto zurecht geschoben wird. Es würde vieles vereinfachen, wiese man die besten Selfie-Spots durch Markierungen am Boden aus, mit einigen fotografischen Hinweisen.

Viele kommen nur kurz auf die Insel, für eine Cola und das perfekte Foto. An manchen Sommertagen drängen rund 70 000 Touristen durch die Gassen. Doch im Oktober ist der große Besucheransturm vorbei. Die Airlines haben ihre Charterflüge bis zum nächsten Frühjahr eingestellt, Geschäfte und Restaurants schließen.

Kommt dann überhaupt noch jemand? Die Besitzerin einer Boutique in Oia antwortet politisch unkorrekt, indem sie ihre Sonnenbrille anhebt und mit den Fingern ihre Augen auseinanderzieht: Asiaten. Sie mögen keine Sonne, ins Meer gehen sie auch nicht.

Das leuchtet ein, denkt man, doch im Winter gibt es wahrlich bessere Reiseziele. Und der Sommer auf Santorin ist schließlich lang genug.

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