Marokko Bei Gauklern und Flötenspielern

Marrakesch ist der Inbegriff des orientalischen Flairs — vor allem sein großer Marktplatz. Eine abendliche Tour führt zu Garküchen und Schlangenbeschwörern.

Marokko: Bei Gauklern und Flötenspielern
Foto: Britta Schmidt

Wenn Peter Bergmann das Royal Palm Hotel verlässt, dauert es nicht lang, bis er von einer Horde Kinder verfolgt wird. Mit großen, schwarzen Augen gucken sie zu ihm hoch, dem 1,95 Meter großen Dänen. Er holt aus seiner Djellaba, so nennt man die marokkanische Kutte mit Kapuze, ein paar Dirham heraus und verteilt die Münzen großzügig an die Mädchen und Jungen. Sie umschließen das Geld fest mit ihren kleinen Händen und verschwinden blitzschnell im Gewühl. Und schon stehen die nächsten vor ihm. Diesmal soll Peter Geld tauschen. Die Kinder strecken ihm Euromünzen entgegen, die sie von Touristen bekommen haben. Damit können sie nichts anfangen. Peter rundet großzügig auf und tauscht Euro gegen Dirham.

So geht das tagein, tagaus. Seit mehr als 40 Jahren wohnt der 65-Jährige schon in Marrakesch. Mitten in der Medina, der berühmten Altstadt, die Unesco-Welterbe ist. Millionen Besucher aus aller Welt kommen jedes Jahr dorthin und sind fasziniert von dem orientalischen Flair, den Gerüchen, der Sonne und dem ganzjährig warmen Klima. Das Herzstück der Altstadt ist der große Marktplatz, genannt Djemaa el Fna. „Hast du einen Tag in Marokko“, sagt ein Sprichwort, „verbringe ihn in Marrakesch. Hast du nur eine Stunde, verbringe sie auf dem Djemaa el Fna.“

Am schönsten ist es dort bei Sonnenuntergang, denn erst nach der großen Mittagshitze nimmt das Leben auf dem Platz Fahrt auf. Der Ruf des Muezzins mischt sich mit den Melodien der Flötenspieler und Schlangenbeschwörer. Die ersten Garküchen entzünden die Holzkohle, Rauch steigt in die Luft. Kurz darauf duftet es überall nach gegrilltem Fleisch, nach Kardamom, Kreuzkümmel und Zimt.

Sprichwort

Es dauert nicht lange, dann wimmelt es von Menschen: Gaukler führen ihre Kunststücke vor. Frauen sitzen auf niedrigen Hockern und bemalen die Hände sonnenhungriger Urlauber mit Henna. Unzählige Verkaufsstände veräußern Keramikschälchen, Lederwaren, bunte Tücher und immer wieder frisch gepressten Orangensaft. Marokkanische Orangen gelten als besonders schmackhaft. Die Preise auf dem Djemaa el Fna sind niedriger als in den Geschäften des Souks. Handeln sollte man trotzdem, das ist auch in Marokko ein beliebtes Ritual.

Um den Marktplatz herum liegt ein Labyrinth aus Gässchen, Treppen, Durchgängen, Gewölben und Sackgassen. Geschickt manövrieren sich zahlreiche Mopeds an den Menschen und Eselskarren vorbei.

Je weiter man sich vom Platz entfernt, desto weniger Touristenshops gibt es. Irgendwann beginnt dann das authentische Marrakesch mit Tante-Emma-Läden, Freiluftimbissen und winzigen Werkstätten. Durch offene Türen sieht man, wie Männer die berühmten marokkanischen Fliesen von Hand bemalen oder orientalische Laternen schmieden.

Der internationale Jet-Set hat sich längst in die Eine-Millionen-Einwohner-Stadt eingekauft. Mindestens ein Drittel der alten Häuser gehören heute Ausländern. Sogar Chinesen zählen zu den neuen Eigentümern. Sie alle retten mit ihren Investitionen die alten Paläste vor dem Verfall.

Immer wieder zieht es auch ganz normale Europäer nach Marrakesch. Auf den Straßen und in den Cafés trifft man oft Skandinavier, Franzosen, Engländer und Deutsche. Im Laufe der Zeit ist Marrakesch durch diesen westlichen Einfluss liberaler geworden als andere islamisch geprägte Städte. Dazu kommt, dass Marokkaner zu 70 Prozent Berber und keine Araber sind. Daher sind sie nicht so tief im Islam verwurzelt.

Und der Trend reißt nicht ab. Erst kürzlich hat Fußballstar Cristiano Ronaldo ein Hotel am Rand der Medina gekauft. Damit wird die Stadt, in der es sowieso schon viele luxuriöse Hotels gibt, wieder um eins reicher. „Es ist schwierig, nur dreieinhalb Flugstunden von Deutschland entfernt so viel für sein Geld zu bekommen, wie in unseren orientalischen Hotelpalästen“, sagt Amine Bouhalba. Der 43-jährige Marokkaner muss es wissen, denn er hat viele Jahre in den schönsten Hotels der Welt gearbeitet. Schließlich packte ihn Heimweh und er kam zurück in seine Heimatstadt Marrakesch. Heute ist er zweiter Mann im Sechs-Sterne-Hotel Royal Palm, nicht nur eine exklusive Oase vor den Toren der Stadt, sondern auch Vorreiter eines innovativen Umweltkonzeptes.

Das Projekt „Domain Royal Palm“ finanziert den Bau von Regenwassersammelstellen in Marrakesch und Teile der Wasseraufbereitungsanlage der Stadt. Außerdem betreibt das Royal Palm auf dem Areal auch eine Bio-Landwirtschaft. „Besonders beliebt ist unser Olivenöl von der eigenen Plantage,“ erzählt Bouhalba, der in Frankreich Betriebswirtschaft studiert hat. Schließlich sei er auch zurückgekommen, um sein Land weiter zu modernisieren. Dank des vergleichsweise modernen Königs Mohamed VI. sei das derzeit einfacher als je zuvor. Nur die Olivenernte im Royal Palm laufe noch wie vor 100 Jahren. Noch immer werden 18 Tonnen Oliven jährlich per Hand gepflückt.

Die Autorin reiste mit Unterstützung der Beachcomber Hotels.

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