Entspannen statt entdecken: Auf Wohlfühl-Karibik-Kreuzfahrt

Bridgetown (dpa/tmn) - Die Begrüßung ist unmissverständlich. „Willkommen in Ihrem Traumurlaub“, sagt eine Frauenstimme über die Lautsprecher der „Mein Schiff 3“.

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Die gerade eingetroffenen Gäste haben sich oben am Pooldeck versammelt und erfahren nun von der kollektiven Mission ihrer Kreuzfahrt: „Wir wollen neue Länder, neue Kulturen, neue Menschen kennenlernen.“ Dazu bleibt auf dieser Karibik-Fahrt mehr Gelegenheit als geplant: Eine Charter-Maschine aus Deutschland ist nicht angekommen, die Abfahrt von Bridgetown verzögert sich um einen Tag. Zeit, Barbados zu erkunden.

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Das Ziel der meisten Kreuzfahrtpassagiere ist der nahe Strand: gleißend-weißer Sand, türkises Wasser, blauer Himmel, ein paar Flöckchenwolken - quasi die archetypische Karibik-Kulisse, die fast jeder Reisende verinnerlicht hat. Ob Barbados oder Barbuda, das ist eigentlich schon zweitrangig.

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Als „Wohlfühlflotte“ bezeichnet die Reederei Tui Cruises ihre Schiffe. In der Karibik scheint diese Marketingformel noch passender zu sein als in anderen Fahrgebieten. Schließlich ist es dort im deutschen Winter warm, an Bord wird man verwöhnt, und das Schiff bringt den Gast gemütlich von Insel zu Insel, buchstäblich im Schlaf.

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Axel Sorger steht jeden Morgen eine halbe Stunde vor dem Festmachen des Schiffes auf. Vor dem 9.00-Uhr-Briefing mit der Mannschaft dreht der General Manager der „Mein Schiff 3“ seine Runde an Bord. Sorger ist verantwortlich für die 1030 Frauen und Männer seiner Crew und die knapp 2800 zahlenden Passagiere. Er weiß: Die Wohlfühl-Stimmung stellt sich auch unter karibischer Sonne nicht von selbst ein. Sie zu erzeugen, ist ein harter Job. Jeden Tag.

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„Eigentlich suchen alle Entspannung und dass es so reibungslos wie möglich funktioniert.“ Dem Anspruch, maximal zu entspannen, steht allerdings ein üppiges Bordprogramm entgegen: Aqua-Gymnastik, Kosmetik-Workshop, Tanzkurs, Schmuckauktion, Rumverkostung, Konzert, Varieté, der Vortrag „Kohlenhydrate - unsere heimlichen Dickmacher“ - das ist nur ein Auszug der Aktivitäten für einen Tag an Bord.

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Aber eigentlich ist das Ziel ja, die Karibik kennenzulernen. Erster Halt also: die Insel Dominica. Im Programm stehen 31 Landausflüge. Wie wäre es mit der Panoramafahrt inklusive „einer kleinen Folkloretanzdarbietung“? Wohl eher Touri-Klamauk. Besser klingt die Wanderung zum Sari-Sari-Wasserfall durch den Regenwald, Schwierigkeitsgrad vier, rutschiger Untergrund, bitte nur mit festem Schuhwerk antreten. Na bitte sehr, diese Beschreibung verspricht einen lohnenswerten Kontrast zum Wohlfühl-Modus an Bord.

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Die Wanderung zum Wasserfall ist in der Tat ein forderndes Unterfangen. Oft steht die Reisegruppe knietief im Fluss und bildet eine Kette, damit das Wasser niemanden von den Beinen reißt. Die Feuchtigkeit zieht die Hosenbeine hoch, von oben fällt Platzregen. Am Ende ist jeder komplett nass. Das war keine Kaffeefahrt, sondern Natur pur - großartig. Wie reingewaschen vom träge machenden Luxus kehrt die Gruppe bester Laune zum Schiff zurück.

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Guadeloupe ist am Tag darauf ganz anders als das dicht bewaldete und ursprüngliche Dominica, eher beschaulich-zivilisiert. Die Insel ist ein französisches Übersee-Departement. Als Landausflug steht dieses Mal eine Kajaktour durch die Mangroven an. So kann man die karibische See einmal mit der eigenen Muskelkraft erschließen und hat sich die Entspannung am Ende des Tages verdient.

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Antigua ist wiederum eine Insel, die sich gut ohne organisierten Ausflug erkunden lässt. Die Taxifahrer warten schon am Ende des Piers, um sich mit Wucherpreisen zu überbieten. Die Auswahl der Ziele ist groß: Antigua wirbt als Insel mit 365 Stränden, einer für jeden Tag des Jahres. Das ist sehr optimistisch gezählt, aber gute Werbung.

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Nicht weit von der Hauptstadt entfernt, eine gute Stunde zu Fuß nördlich von Saint John's, befindet sich mit dem Runaway Beach bereits ein echtes Schmuckstück. Weißer Sand schiebt sich auf mehreren hundert Metern sanft unter das karibische Türkis des Wassers und verliert sich in der Ferne.

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In der Bucht nebenan, am Dickenson Beach, liegen direkt am Wasser ein paar Hotels, Ferienhäuser und Restaurants. Palmen werfen etwas Schatten, ohne Sonnenbrille schmerzen die Augen. Hier kann man die Stunden nun in Ruhe vorbeiziehen lassen, ist am späten Nachmittag aber auch froh, dass das Schiff einen in der Nacht wieder woanders hinbringen wird. 365 Tage Strand? Einer reicht manchmal auch.

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Auf St. Martin ist der Höhepunkt des zur Niederlande gehörenden südlichen Inselteils Sint Maarten ein besonderer Flughafen: der Princess Juliana International Airport. Die Landebahn trennt nur ein kleiner Streifen Sand namens Maho Beach vom Meer. Und so fliegen die großen Jets von Delta oder Air France nur wenige Meter über den Köpfen der Urlauber über den Strand hinweg.

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Letzter Reisetag, es geht nach La Romana in der Dominikanischen Republik. Noch hat die Hurrikan-Saison nicht begonnen, die Sonne strahlt auf das Pooldeck, wo an diesem Tag noch einmal besonders viele Passagiere zusammenkommen, um sich richtig wohlzufühlen. An einem solchen Seetag erinnert das Schiff tatsächlich sehr an das viel beschworene „schwimmende Hotel“, von dem bei Kreuzfahrten stets die Rede ist. Pool, Sonnenbaden, Drinks von der Bar.

Gibt es den typischen Kreuzfahrttouristen? Das ist wohl wirklich ein Vorurteil. Auf der „Mein Schiff 3“ jedenfalls trifft man sehr unterschiedliche Gäste. Dimitris Papatsatsis kennt sie alle. Er hat sich in der „Diamant Bar“ mit einem Kaffee hingesetzt, zu leiser Pianomusik. Der Kapitän der „Mein Schiff 3“ ist gebürtiger Grieche und sagt: „Der deutsche Gast ist kein einfacher Gast.“ Ach nein? „Der deutsche Gast möchte alles, was ihm versprochen wurde. Er verlangt, was er bezahlt hat.“ Und er kann sich gut beschweren.

Der Erstfahrer überlegt, was genau auf dieser Kreuzfahrt er noch einmal ist - Entdecker, Weltenbummler zur See oder doch bloß der Pauschaltourist-Prototyp? Der Kapitän hat für sich schon die Antwort gefunden: „Du wirst zum Psychologen.“

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