Tag gegen Lärm Wenn Lautstärke schwach macht

Lärm macht krank und verursacht hohe Kosten. Aufklärung ist ein Schritt zu seiner Bekämpfung.

Düsseldorf. Autos hupen, Kinder schreien, der Nachbar mäht den Rasen. Unsere Welt ist laut, nicht nur am Tag gegen Lärm. Aber was für den einen noch okay ist, stört den anderen schon. Ein weiteres Beispiel: „Im Konzert erreicht eine Pauke bis zu 80 Dezibel (dB) Lautstärke.“ Dr. René Weinandy, Leiter des Fachgebiets „Lärmminderung im Verkehr“ beim Umweltbundesamt, erklärt: „Lärm ist ein subjektiv als unangenehm empfundenes Geräusch.“ Also alles nur viel Lärm um nichts?

Tag gegen Lärm: Wenn Lautstärke schwach macht
Foto: Umweltbundesamt/privat

Mitnichten. Zwar geben Faktoren wie Alter, Geschlecht, Beruf oder die persönliche Befindlichkeit und Prägung dem Lärm eine individuelle Note, aber es gibt auch ein Mehrheitsempfinden. Bei Umfragen des Umweltbundesamtes, die alle zwei Jahre wiederholt werden, landet stets der Verkehr — Flug, Straße oder Schiene — auf den vorderen Belästigungsrängen.

Daneben stark im Kommen: Baustellen, Sport und andere Freizeitveranstaltungen oder laute Nachbarn. Weinandy: „Lärm ist ein Umweltschadstoff, der auf unseren Organismus einwirkt.“ Auch wenn wir ihn, wie zum Beispiel im Schlaf, gar nicht bewusst wahrnehmen - oder bei tieffrequenten Tönen nicht einmal hören können. Gleichwohl reagieren wir darauf: Der Körper schüttet Hormone aus, der Blutdruck steigt, wir sind in Alarmbereitschaft. Soweit, so richtig und von der Evolution gewollt.

Zum Problem aber wird der Lärm — das Wort kommt nicht zufällig vom althochdeutschen Alarm — wenn unser Blutdruck zu oft und andauernd hochgejagt wird. Die Folge: Wir werden krank.

Fest steht, dass vor allem Herzkreislauferkrankungen auf Lärmstress zurückzuführen sind. Noch geforscht wird bei Grenzwerten (ab wie viel dB) und Dauer.„Es gibt eine Schweizer Untersuchung, nach der 15 Jahre Verkehrslärmeinwirkung über 65 dB das Herzinfarktrisiko um 50 Prozent erhöht“, weiß Weinandy. Die EU hat errechnet, dass 40 Milliarden Euro Lärmkosten aufgrund von Krankheit oder auch Immobilienentwertung im Jahr anfallen.

Der Kampf gegen den Lärm wird an vielen Fronten geführt. Lärmarme Technik und bessere Auslastung für Flugzeuge, leisere Bremsen für den Güterverkehr auf der Schiene, Flüsterasphalt oder lärmarme Reifen für Autos. Außerdem gibt es Grenzwerte, die etwa bei Bauvorhaben eingehalten werden müssen. Derlei Bemühungen werden freilich da unterlaufen, wo der Mensch das geräuschreduzierte Motorrad freudig laut aufheulen lässt.

Umgekehrt können gerade beim Straßenverkehr Technik und Tempolimit eine wirksame Verbindung sein. „Wenn wenigstens nachts in den Innenstädten Tempo 30 gefahren wird, bringt das drei bis vier dB weniger Lärm und mehr Verkehrssicherheit.“ Auch beim Thema Flugzeuge weiß Weinandy Abhilfe: „Flüge müssten über Landeentgelte teurer gemacht werden. Dafür müssten wir natürlich auch unser eigenes Verhalten, das Rund-um-die-Uhr-Fliegen und -Bestellen, hinterfragen.“ Überdies gibt es Lärmschutzmaßnahmen: Schallschutzfenster und -wände oder das Schlafzimmer, den Balkon im lärmabgewandten Hausbereich.

Und es gibt den Tag gegen Lärm, der am Mittwoch zum 18. Mal veranstaltet wird. „Er gibt die Möglichkeit, das Thema auf die Agenda zu setzen. Die Lärmproblematik ist mittlerweile in der Bevölkerung und damit in der Politik angekommen“, wirbt Weinandy. Unter dem Titel „Lärm — voll nervig“ stehen diesmal die Kinder im Mittelpunkt. Und damit ein ganz spezieller Lärmaspekt. „Das viel zu laute MP3-Musikhören führt zu irreversiblen Hörschäden..“ Dann hilft nur noch ein Hörgerät. Um das zu vermeiden, klären die Lärmexperten vor Ort in den Schulen, auf.

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