Tierhaltung: Vorsicht – Gefährliche Exoten!

Nach dem Entweichen einer hochgiftigen Kobra ist in NRW eine politische Debatte entbrannt: Gehören solche Tiere in die Hand von Privatleuten?

Düsseldorf. Schlangen-Alarm in Mülheim an der Ruhr: In der vergangenen Woche war in einem Mehrfamilienhaus eine gerade drei Monate alte, hochgiftige Monokelkobra aus dem Terrarium ihres 19-jährigen Besitzers entwichen. Vier Tage lang suchte die Feuerwehr vergeblich nach dem Tier. Nun ist das Haus verschlossen, die Sicherheitskräfte hoffen, dass die Kobra verhungert. Doch damit ist das Thema nicht erledigt. Denn inzwischen ist auch eine politische Debatte entbrannt, ob aus dem Vorfall Konsequenzen gezogen werden müssen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es zwar allgemeine Regelungen im Ordnungsrecht und im Tierschutzgesetz, aber kein spezielles Exotengesetz - im Gegensatz zu anderen Ländern. Hessen beispielsweise verabschiedete nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes 2007 ein weitgehendes Gesetz: Dort dürfen gefährliche Tiere nicht in die Hand von Privatleuten gelangen (siehe Kasten).

Volker Wiebels, Sprecher der Stadt Mülheim, sieht die Zeit gekommen, dass auch NRW reagiert. Der Fall mit der Kobra habe gezeigt, dass eine gesetzliche Regelung notwendig sei. Wiebels erklärt, dass sich der Halter, der das Tier auf einer Reptilienbörse in Hamm für 70Euro kaufte und nur wenige Tage besaß, nicht strafbar gemacht habe. Juristen prüfen derzeit eine zumindest finanzielle Haftung. Denn die Kosten für den Einsatz könnten sich auf eine sechsstellige Summe belaufen - und beim Steuerzahler hängen bleiben.

Die Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen im Landtag haben sich mittlerweile für eine Positivliste ausgesprochen: Auf diese Weise könnte der Besitz von gefährlichen Tieren durch Privatleute eingeschränkt werden.

In der schwarz-gelben Koalition dagegen ist man zurückhaltender. Holger Ellerbrock, umweltpolitischer Sprecher der FDP, sagte, zunächst solle geprüft werden, ob "die bestehenden Regelungen nachweislich nicht ausreichend sind und ob Defizite in der Kontrolle und Durchführung dieser Gesetze bestehen". Auch das NRW-Umweltministerium sieht keinen akuten Handlungsbedarf. Pro Jahr gebe es etwa 15 Zwischenfälle mit Exoten, sagte ein Ministeriumssprecher. Damit sei die "Problematik überschaubar".

Schätzungen von Tierschützern zufolge leben bundesweit bis zu 250000 exotische Haustiere in Privatwohnungen. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie (Lehre von Amphibien und Reptilien; Anm. der Redaktion) und Terrarienkunde spricht von rund vier Millionen Haltern in Deutschland, sogenannten Terrarianern.

Geschäftsführerin Silvia Macina hält ein Verbot für falsch. Denn die meisten Terrarianer seien durchaus zuverlässig. Ihr Verein fordert vielmehr einen "Reptilien-Führerschein", also einen Sachkunde-Nachweis, der beim Kauf eines Exoten vorgelegt werden müsse. Auf diese Weise könnten die Halter solcher Tiere auch registriert werden.

Geht es dagegen nach dem Tierschutzbund, dann müsste das Halten von Exoten jeglicher Art bundesweit und generell verboten. Denn eine artgerechte Haltung dieser Wildtiere in der Wohnung sei überhaupt nicht möglich.

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