T-Shirt-Wetter ist Spargel-Wetter

Ostern kamen bereits die ersten Stangen auf den Tisch. Wegen der guten Ernte erwarten Experten fallende Preise.

Düsseldorf. Jetzt schießt er wieder, der Spargel. Und das sogar schon knapp zehn Tage früher als in den vergangenen Jahren. "Die Erntesaison hat in diesem Jahr schon vor Ostern begonnen - und zwar mit größeren Mengen als erwartet", sagt Bernhard Rüb, Sprecher der NRW-Landwirtschaftskammer. Gründe dafür sind das schöne Wetter und die geänderten Anbaumethoden. Rüb: "Inzwischen arbeiten in Nordrhein-Westfalen gut 90 Prozent aller Spargelbauern mit Folien."

Die Spezial-Folien mit schwarzer Beschichtung auf der einen Seite und silberfarbener auf der anderen erlauben gleichsam einen Spargelanbau nach Maß. Rüb: "Ist das Wetter warm, nehmen die Spargelbauern die silberfarbene Seite nach oben, weil diese Seite das Sonnenlicht reflektiert und so für etwas Kühlung sorgt, ist’s hingegen kalt, kommt die schwarze Seite nach oben, die die Wärme anzieht." Ergebnis: Der Spargel hat fast immer optimale Temperaturen, die Erträge der Spargelfelder steigen - und die Preise für die Verbraucher sinken.

Lagen vor Ostern die Erzeugerpreise für hochwertige Ware der Handelsklasse I noch zwischen 8,90 und 9,90 Euro pro Kilo, gehen Experten jetzt von sinkenden Preisen aus - Tendenz zunächst: 8Euro pro Kilo. Grund auch hier die warmen Temperaturen. Bernhard Rüb: "Es gibt da eine ganz einfache Faustformel - je wärmer es ist, desto preiswerter wird der Spargel. Oder noch anders: T-Shirt-Wetter ist Spargelwetter."

Spargelstangen in der Handelsklasse I haben einen Durchmesser von zwölf bis 16 Millimetern, in der Handelsklasse 1+ einen von 16 bis 26 Millimetern. Guten, frischen Spargel erkennt man an geschlossenen Köpfen, gleichmäßigem Wuchs und einem noch feuchten, nicht hohlen Ende. Rüb: "Bei Druck mit dem Fingernagel sollte noch ein bisschen Feuchtigkeit austreten." Wichtiges Frische-Signal ist auch das quietschende Geräusch, das frische Spargelstangen beim Aneinanderreiben erzeugen.

Landesweit wird das köstliche Gemüse derzeit auf rund 4000Hektar angebaut, das entspricht einer Fläche von 40Quadratkilometern. Davon liegen rund 1500 Hektar Anbaufläche im Rheinland, rund 2500 Hektar in Westfalen-Lippe.

"Spargel ist die gesündeste und mit Abstand leckerste Form, Wasser zu sich zu nehmen" - wer das gesagt hat, ist nicht überliefert, aber es stimmt. Nur etwa 13 Kalorien pro 100 Gramm schlagen für das Gemüse zu Buche, das tatsächlich zu 90 Prozent aus Wasser besteht.

Noch im 19.Jahrhundert stand Spargel im "amtlichen Arzneibuch" und musste deshalb in Apotheken vorrätig gehalten werden. Vor allem ist es die harntreibende und entschlackende Wirkung, die am Spargel geschätzt wurde und wird. An den Niederrhein haben wahrscheinlich die Römer das "essbare Elfenbein" gebracht. Sie jedenfalls bauten ebenfalls schon Spargel an, jedoch mit ganz anderen Methoden als die Bauern heute.

Doch in einem waren sich die alten Römer und die heutigen Spargelbauern einig: Gleichgültig, wie früh oder spät die Saison begonnen hat - am Johannistag (24. Juni) werden die letzten Stangen gestochen.

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