Schornsteinfeger: Erst kehren, dann kämpfen

Die Glücksbringer in Schwarz bekommen Konkurrenz, denn ihr Monopol fällt.

Krefeld/St. Augustin. Das Dach, auf das Peter Plenkers an diesem Januarmorgen in Krefeld-Fischeln klettern muss, ist spiegelglatt. Der Wind bläst eisig, doch auch wenn das Thermometer fünf Grad unter Null zeigt, ist der Bezirksschornsteinfegermeister nicht dick vermummt: Zylinder, schwarze Jacke mit Goldknöpfen, Gürtel und das weiße Halstuch ordentlich unter den engen Kragen geschoben. In seiner Hand hat er den Kehrer, den er gleich in den Schacht ablässt.

Der Mann bringt Glück. Sagt man so, und viele glauben dran. Manchmal bringt der Mann aber auch Pech. Wenn Rußzahl, Abgasverlust oder Druck nicht stimmen, wenn das Kohlenmonoxid zu hoch, der Sauerstoff zu niedrig liegt. Buchen muss man Peter Plenkers dafür nicht, der Mann kommt auch so.

Bisher ist die Schornsteinfegerei eine Insel der Glückseligkeit mitten im marktwirtschaftlichen Verdrängungssystems. Denn seit 1935 liegt das Kehrmonopol beim Staat, der dafür Bezirksschornsteinfeger einsetzt. Heute gibt es eine festgelegte Berziks-Zahl und die Gebührenordnungen der einzelnen Bundesländer. Sie besagt, wie viel Geld für welche Leistung berechnet werden darf. "Das ist aber nicht viel. Unsere Gebühren lehnen sich an den Beamtentarif A9 an", sagt Plenkers.

In dieser Handhabung sah Brüssel 2003 einen Verstoß gegen die Dienst- und Niederlassungsfreiheit. Die Bundesrepublik änderte daraufhin ihr Gesetz. Offiziell dürfen seit Anfang des vergangenen Jahres Betriebe aus anderen EU-Ländern deutsche Schornsteine fegen. Seit Jahresanfang sind alle Kosten und Fristen bundeseinheitlich geregelt, was einen Wechsel zum freien Kehrer erleichtert. "Das nutzt allerdings bisher kaum jemand. Die Anfahrt eines Anbieters aus Polen oder den Niederlanden zu bezahlen, lohnt sich momentan nicht", sagt Ulrich Grüttner, Schornsteinfeger-Kreisgruppenvorsitzender aus Krefeld.

Noch dürfen keine fremden deutschen Schornsteinfeger in die festgelegten Kehrbezirke. Daher nehmen die rund 100 freien deutschen Kehrer den Umweg über die Anstellung bei einem Betrieb im EU-Ausland. "Die Branche hat das in Aufruhr versetzt", sagt der Geschäftsführer der Schornsteinfeger-Innung Jens Torsten Arndt. Daran, dass diese Methode rechtens ist, hat er Zweifel.

"Dennoch werden wir uns auf Wettbewerb einstellen müssen." Denn während in NRW heute fast ausschließlich Bezirksschornsteinfeger kehren, dürfte sich das nach und nach ändern. Schließlich zieht bald tatsächlicher Wettbewerb in die Branche ein. Ab 2013 dürfen sich die Schornsteinfeger der einzelnen Bezirke die Kunden abwerben - und es dürfen zusätzliche Betriebe eröffnen.

Die Liberalisierung bedeutet für die Hausbesitzer aber nicht nur mehr Freiheit, sondern auch mehr Verantwortung. "Haben wir bisher organisiert, wann der Schornsteinfeger in ein Haus oder eine Wohnung kommt und was dort zu tun ist, muss sich der Eigentümer nun selbst darum kümmern, dass die Aufgaben, die im Feuerstättenbescheid aufgeführt sind, erledigt werden", sagt Schornsteinfeger Grüttner. Wird das vergessen, drohen Strafen.

Ob die Liberalisierung eine Verbesserung ist, wird sich erst zeigen. Die freien Schornsteinfeger seien flexibler bei der Terminabsprache und stellen unkompliziertere Pauschal-Rechnungen als die Bezirksschornsteinfeger, sagt der Freien-Verband. "Das Gesetz zwingt uns dazu, diese komplizierten Rechnungen mit den vielen Einzelposten zu schreiben", sagt Plenkers.

Daran, dass die freien Kehrer günstiger sind, haben selbst Verbraucherschützer Zweifel. Der Grund: Durch die Anfahrtswege und die Werbung enstehen den freien Kehrern zusätzliche Kosten.

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