Nadine Pratt

Konsumforscherin am Wuppertaler Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP). Sie beschäftigt sich mit der aufkeimenden „Sharing Economy“.

Warum wird plötzlich überall getauscht?

Nadine Pratt: Den Ansatz des Tauschens und Leihens gibt es ja schon immer. Was neu ist, sind die verwendeten Medien wie das Internet. Sie haben den Vorteil eines besseren „Matchings“, also die Interessen können einfacher abgeglichen werden. Bei einem Flohmarkt zum Beispiel muss man erst einmal gucken, was im Angebot ist, und ob das vorhanden ist, was man sucht. Es gibt Studien, die besagen, dass die Wahrscheinlichkeit bis zu 400-mal höher ist, online fündig zu werden.

Warum machen so viele Leute mit?

Pratt: Am wichtigsten ist der technische Treiber — das Internet. Aber auch soziale Treiber spielen eine wichtige Rolle. Viele kennen ihre Nachbarn nicht, über lokale Tauschbörsen lernt man sie kennen und knüpft auch soziale Kontakte. Zudem findet ein Wertewandel statt. Etwa beim Auto. Gerade jüngere Leute in Großstädten legen nicht mehr viel Wert darauf, eines zu besitzen. Sie sehen es oftmals eher als Belastung an. Müssen tanken, ständig einen Parkplatz suchen und es teuer versichern. Sie steigen deshalb auf Carsharing um oder nutzen Mitfahrgelegenheiten.

Also geht es gar nicht nur darum, günstig an Dinge zu kommen?

Pratt. Doch, natürlich gibt es auch ökonomische Erwägungen. Viele stellen sich die Frage, warum sie eine Bohrmaschine kaufen sollten, wenn sie nur ein paar Minuten im Jahr genutzt wird und sonst im Weg herumsteht. Auch die Wirtschaftskrise beeinflusst den Trend. Wir beobachten, dass gerade in südeuropäischen Ländern wie Spanien oder Griechenland die Beliebtheit von Tauschbörsen wächst. Typische „Tauscher“ sind derzeit vor allem junge Großstädter zwischen 20 und 40 Jahren. Natürlich gibt es auch ältere, aber sie sind Ausnahmen.

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