Liebe, die nicht zu passen scheint

Unkonventionelle Partnerschaften enden entweder sehr schnell – oder sie halten besonders lang.

Düsseldorf. Sie ist 20 Zentimeter größer und 20 Kilogramm schwerer als er, und als sie vor dem Standesbeamten stehen, sieht es aus, als hätte eine Walküre dem Schneewittchen einen ihrer Zwerge weggeschnappt. Unter den Gästen wird fleißig getuschelt, ob die Ehe zweier so unterschiedlichen Menschen überhaupt Perspektive hat. Die meisten sind eher skeptisch.

In offenen Gesellschaften kommt es immer wieder vor, dass sich Menschen ineinander verlieben, die nicht der Norm entsprechen und in den Augen der Öffentlichkeit eigentlich nicht zueinander passen. Da heiratet der gebildete Akademiker die Hilfskraft aus dem Lager und die rassige Schönheit das stammelnde Pickelgesicht.

Und wenn Marilyn Monroe den Schriftsteller Arthur Miller und Britney Spears einen völlig unscheinbaren Jugendfreund heiratet, gehört das ebenfalls in die Kategorie "Passt nicht". Doch solche Verbindungen mögen romantisch sein, weil Gegensätze, die sich anziehen, nun einmal spannender sind als die Liaison von Sachbearbeiter Heinz mit der Gisela vom Büro nebenan. Aber haben sie auch Zukunft? Die Ehe von Spears und ihrer Sandkastenseilschaft hielt gerade mal 58 Stunden.

Tatsache ist, dass Partnerschaften, die gegen den Mainstream schwimmen, einem erhöhten Druck ausgesetzt sind und daher generell krisenanfälliger sind. So landet etwa jede zweite Ehe mit Partnern unterschiedlicher Nationalität vor dem Scheidungsrichter. Beziehungen mit schönem, mittellosem Mann und unattraktiver, reicher Frau sind ebenfalls relativ labil.

Der Grund: Schöne Männer glauben, dass sie etwas Besseres als ihre aktuelle Partnerin verdient hätten. "Sie erheben Anspruch auf das Grün jenseits des Hügels", erklärt Sozialpsychologe James McNulty von der University of California, "und deshalb geben sie sich in ihrer aktuellen Beziehung keine Mühe."

Doch es gibt auch Gegenbeispiele. So lebt Danny de Vito schon seit 1982 mit Rhea Perlmann zusammen, die gut einen Kopf größer ist als der kleinwüchsige Schauspieler, und die Ehe des schwedischen Königs Carl Gustaf mit der bürgerlichen Silvia Sommerlath währt sogar seit mehr als 30 Jahren. Auch gleichgeschlechtliche Beziehungen scheinen laut den bisher vorliegenden Daten besonders robust zu sein. Die Liaison von Elton John und David Furnish hält bereits mehr als 15 Jahre, was im schnelllebigen Show-Business fast schon eine Sensation ist.

Unkonventionelle Beziehungen scheinen also entweder besonders schnell zu enden, oder aber sie halten besonders lange und überschreiten dann locker die Dekade. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen haben nun die amerikanischen Soziologen Justin Lehmiller und Christopher Agnew ermittelt. Sie befragten 392 Personen, die in einer unkonventionellen Partnerschaft lebten, nach der Qualität ihrer Beziehung und ihrem Verhältnis zu den Mitmenschen. Alle Befragten berichteten von dem Gefühl, im gesellschaftlichen Abseits zu stehen, was sicherlich ein großer Belastungsfaktor ist.

Doch sofern die Partner zügig damit umzugehen lernen, steigen die Chancen für den Weiterbestand ihrer Beziehung überproportional an. Später fühlen sich dann die nicht-traditionellen Paare stärker gebunden als ihre konventionellem Pendants, und sie schauen sich, wie Lehmiller und Agnew herausgefunden haben, "weniger nach alternativen Partnern um". Deutliche Hinweise darauf, dass die unkonventionelle Liebe, sofern sie die Zeit dazu bekommt, durch den Druck von außen immer mehr zusammengeschweißt wird.

Ein weiterer Erklärungsansatz für die wachsende Treue wäre aber auch, dass sie mehr und mehr ihre Außenseiterrolle akzeptieren und schließlich froh darüber sind, überhaupt jemanden für sich gefunden zu haben. Dies vermuten jedenfalls Lehmiller und Agnew als dominierenden Stabilitätsfaktor für unkonventionelle Beziehungen - romantisch klingt das natürlich nicht.

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