Kassen: Regierung stoppt 60 Prozent Wucherzinsen

Gesetzentwurf des Bundeskabinetts sieht wesentlich mildere Strafen für säumige Beitragszahler vor.

Berlin. Säumige Beitragszahler in der Krankenversicherung können auf Entlastung hoffen. Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der eine spürbare Senkung des Säumniszuschlags vorsieht. Für Privatversicherte ist ein sogenannter Notlagentarif geplant.

Das vermag die gesetzliche Krankenversicherung nicht genau zu beziffern. Die Barmer GEK geht davon aus, dass 99 Prozent der rund 52 Millionen Kassenmitglieder ihre Beiträge pünktlich bezahlen. Trotzdem schlagen die Beitragsausfälle ins Kontor. Immerhin sind bei den gesetzlichen Kassen Beitragsrückstände in Höhe von insgesamt 4,5 Milliarden Euro aufgelaufen. Rein rechnerisch steht jedes Kassenmitglied mit 87 Euro in der Kreide.

Seit Einführung der Versicherungspflicht im Jahr 2007 können die Kassen Beitragssündern praktisch nicht mehr kündigen. Das politische Ziel bestand darin, die steigende Zahl von nicht versicherten Personen einzudämmen. In den vergangenen fünf Jahren haben rund 189 000 zuvor unversicherte Menschen wieder einen Versicherungsschutz erlangt. Nach allen Erfahrungen gehören zumeist Selbstständige mit unsteten Einkommen zu den säumigen Zahlern.

Laut Gesetz ruhen ab einem zweimonatigen Beitragsrückstand die Versicherungsleistungen. Ausgenommen sind etwa akute Schmerzbehandlungen, Notfälle sowie Behandlungen bei Schwangerschaft. Häufig vereinbaren die Kassen mit den Schuldnern Ratenzahlungen. Gelingt dies nicht, werden satte Säumniszuschläge auf die ausstehenden Beiträge fällig. Nach geltendem Recht sind es fünf Prozent pro Monat, also 60 Prozent im Jahr. Schon nach einem Jahr Beitragsschulden müsste ein gesetzlich versicherter Selbstständiger demnach 4249 Euro an die Kasse entrichten. Der darin enthaltene Säumniszuschlag beträgt 937,50 Euro. Die Wucherzinsen verschärfen also eher das Problem.

Der Kabinettsentwurf sieht eine Absenkung der monatlichen Strafgebühr auf ein Prozent vor. Statt 60 Prozent pro Jahr wären es demnach nur noch zwölf Prozent.

Für Privatversicherte ist ein „Notlagentarif“ geplant, in den Beitragsschuldner nach zwei erfolglosen Mahnungen automatisch kommen sollen. Hier handelt es sich um eine Art Notfallversorgung. Der Preis soll nach Berechnungen der Assekuranzen 100 Euro im Monat nicht übersteigen. Auch die Privatkassen kämpfen seit der Einführung der Versicherungspflicht mit Zahlungsausfällen. Die Außenstände waren zuletzt auf 554 Millionen Euro beziffert worden. Von ihren rund zehn Millionen Versicherten gelten rund 150 000 als Beitragsschuldner.

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