Feinschmecker auf vier Pfoten

120 Katzen und 60 Hunde testen im Versuchslabor neue Futterkreationen für den deutschen Markt.

Verden. Sie heißen Söckchen, Mufti, Lassie, Snowball oder Jasper - und sie sind die wohl einflussreichsten Hunde und Katzen Europas. Denn was ihnen schmeckt, landet in den Supermarktregalen. Sie leben in Verden bei Bremen. Hier testet die Firma Mars, Weltmarktführerin in Sachen Hunde- und Katzennahrung, wie gut ihre Produkte bei den Haustieren ankommen.

120 Katzen und 60 Hunde leben im Haustierzentrum - Pet Center - des Unternehmens. Es ist eine Art Tierheim de Luxe - mit hellen, geräumigen Boxen und großzügigem Außengelände, jeder Menge Kratzbäumen und einem eigenen Hundetrainer. Dass dieses Gebäude kein Haustierhotel, sondern ein Forschungsstandort ist, fällt auf den ersten Blick gar nicht auf.

Nur wer auf die Fressnäpfe schaut, ahnt etwas davon. Neugierig lugt eine kleine Katze durch eine Klappe aus Plexiglas und blickt suchend auf die beiden metallenen Näpfe, die sich dahinter verbergen. Doch momentan sind sie leer, die letzte Fütterung liegt anderthalb Stunden zurück.

Ein Halsband mit einem individuell programmierten Computerchip entriegelt die Klappe und sorgt dafür, dass jede Katze nur an ihre eigenen Näpfe kommt. Unter den Futterschalen befinden sich elektronische Waagen, die ihre Messergebnisse direkt an einen Zentralcomputerweiterleiten.

Aus welchem Napf fressen die Tiere? Und wie viel fressen sie? Das sind die Fragen, um die sich hier alles dreht. Die Produktentwickler lassen immer zwei Produkte gegeneinander antreten. So testen sie beispielsweise, ob eine veränderte Rezeptur den Tieren besser schmeckt als die alte, oder wie gut ihre Produkte mit den Neuheiten der Konkurrenz mithalten können.

Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Mars ist groß: Ein internationales Team aus 150 Mitarbeitern brütet in Verden über neuen Rezepturen. Lebensmittelchemiker, Tierärzte und Biologen versuchen, das Futter noch schmackhafter und Leckerlis noch leckerer zu machen.

Früher ließ das Unternehmen seine Neuentwicklungen in Privathaushalten testen. Hunde- und Katzenhalter erstatteten schriftlich Bericht darüber, welches Futter Struppi oder Mieze am liebsten fraßen. Doch seit es das Pet Center gibt, sind diese Zeiten vorbei - und die Produktentwickler sind froh darüber, denn sie interessieren sich für die Details im Fressnapf. Wenn sie erfahren, dass von einem Nassfutter nur die Hälfte gefressen wurde, wollen sie genau wissen, was zurückgeblieben ist: Die Sauce? Die Stückchen? Oder von beidem gleich viel?"

Egal, ob klassischer Hauskater, Siamkatze, Jack-Russell-Terrier, Boxer oder Schäferhund: Fast jeder Vierbeiner hat unter den Mars-Mitarbeitern einen Paten, der ihn am Wochenende mit nach Hause nimmt. Maximal drei Jahre lebt ein Tier im Pet Center, danach wird es von seinem Paten übernommen.

Doch bevor es soweit ist, schaut Hundetrainer Marcus Wolff ganz genau, ob Mensch und Hund auch zusammenpassen. "Das Team Mensch - Hund muss harmonieren", sagt er. Doch auch ohne die Tierpaten hat der Hundetrainer eine Menge zu tun. Neben den Standard-Befehlen wie "Sitz" und "Platz" bringt er seinen vierbeinigen Schülern Tricks bei, spielt mit ihnen Hunde-Frisbee oder stillt ihren Bewegungsdrang mit der Hundesportart Agility.

Für Thomas Brenten, Tierarzt und Leiter des Pet Centers, geht es dabei um mehr als Spielerei. "Wir wollen keine verstörten Labortiere heranziehen, sondern Tiere, die zufrieden und ausgeglichen sind. Sie sollen gut erzogen und an den Umgang mit Menschen gewöhnt sein." Wichtig sei, dass sich die Vierbeiner nicht nur auf dem Firmengelände bewegen. "Unsere Tierpfleger führen die Hunde zum Beispiel auch in der Stadt aus, damit sie sich an Fahrräder, Autos und Verkehrslärm gewöhnen."

Doch die Tiere sind oft auch auf dem weitläufigen Unternehmensgelände unterwegs. Selbst wer bei Mars ausschließlich am Schreibtisch arbeitet, bekommt die Zielgruppe des Konzerns jeden Tag vor Augen geführt. Denn in den frühen Nachmittagsstunden vollzieht sich in den beiden Verwaltungsgebäuden Tag für Tag das gleiche Ritual: Die Hunde drehen ihre Büro-Runde. Zwei Tierpfleger führen sie an den Schreibtischen vorbei - und so mancher Angestellte vergisst da schon mal für einen Augenblick das Tagesgeschäft.

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