Duales System Deutschland: Jetzt geht es um die Brötchentüte

Grüner Punkt: Bäcker, Metzger und auch Blumenhändler sollen Gebühren für das Duale System zahlen. Noch ist die "Fünfte Novelle der Verpackungsverordnung" nicht verabschiedet, am 30. November entscheidet der Bundesrat.

<strong>Düsseldorf. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ist gelernter Müllermeister und hat ein großes Herz für das Bäckerhandwerk. Deshalb wollte er den kleinen und mittleren Bäckereien die Lizenzgebühr für die Gelbe Tonne ersparen. Der Franke ließ für eine mögliche Sonderregelung 20000 Euro für ein sogenanntes Brötchentüten-Gutachten springen. Genutzt hat es nichts. Mit den Bäckern sollen auch Metzger für die Wurstverpackung und Blumenhändler für Cellophan und Seidenpapier ins duale Entsorgungssystem gezwungen werden, ihre Verpackungen das Logo mit dem Grünen Punkt erhalten. Ausnahmen seien nicht möglich, so der Verfassungsrechtler Michael Uechtritz. Das würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.

Grüner Punkt für Brötchentüten bringt 30 Millionen Euro

Bäckersfrau Martina Derksen schäumt: "Wir Kleinen dürfen wieder einmal zahlen." Schon jetzt würden ihrem Familien-Betrieb Cölven an der Düsseldorfer Rethelstraße die explosionsartig gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe zu schaffen machen. Nun kämen noch die Gebühren für den Grünen Punkt dazu. "Wo soll das noch hinführen?", stöhnt Martina Derksen. Eine Preiserhöhung würden die Kunden wohl nicht mitmachen.

"Das ist eine Sauerei", schäumt der Bäcker-Funktionär. Das Duale System kassiere für etwas, wofür es keine Leistung erbringe. Die meisten Verbraucher würden die Verpackungen, die oft mit Lebensmittelresten versehen seien, "vernünftigerweise nicht in die Gelbe Tonne werfen, sondern über den Restmüll entsorgen". Hierfür würden hohe Gebühren für das Entsorgungsunternehmen fällig. Die Zeche zahle also der Verbraucher.

Katja Heymann (36), Leitende Angestellte aus Düsseldorf: "Ich halte von der neuen Regelung gar nichts. Unterm Strich müssen wir Kunden dann doppelte Müllgebühren zahlen. Denn die Händler werden die zusätzlichen Kosten auf ihre Produkte aufschlagen, sodass die Wurst dann wieder ein paar Cent teurer wird. Ganz abgesehen davon, dass die Regelung unrealistische Ansprüche stellt. Die Verpackung würde bei mir auch mit Grünem Punkt in den Hausmüll wandern."

Karl-Heinz Mayer (67), Rentner aus Düsseldorf: "Mir ist das Duale System insgesamt nicht geheuer. Wir trennen zwar unseren Müll, aber wer weiß schon, ob nicht hinterher alles wieder zusammengekippt wird und die Trennerei überhaupt Sinn macht. Außerdem ist eine Brötchentüte oder vor allem ein verklebtes Kuchentablett mit Speiseresten doch wohl viel besser im Hausmüll aufgehoben als in der Gelben Tonne. Die neue Regelung finde ich sehr ärgerlich."

Kornelia Gutmann (51), Beamtin aus Düsseldorf: "Wenn die Verpackung für meine Blumen nass ist, wandert sie in den Hausmüll, wenn sie trocken ist, in die Altpapiertonne. Dafür brauche ich keinen Grünen Punkt. Wobei die Frage ist, ob wir ihn überhaupt brauchen, weil ich glaube, dass eine maschinelle Trennung mittlerweile effektiver wäre. Außerdem habe ich Bedenken, dass durch die zusätzlichen Kosten für die Händler auch die Produkte teurer werden."

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