Beruf: Fleiß zahlt sich nicht immer aus

Früh im Büro sein und immer den Dienstweg gehen – so macht man nicht Karriere, sagt Martin Wehrle.

Jork/München. Beruflich vorwärtskommen möchte fast jeder. Viele setzen den Hebel dabei aber an der falschen Stelle an und ackern sich vergeblich ab. Das hat auch damit zu tun, dass so schwer zu durchschauen ist, wie Karriere machen funktioniert.

"Viele haben ganz falsche Vorstellungen", sagt Karriereberater Martin Wehrle aus Jork bei Hamburg. Hier ein paar Tipps im Überblick:

Fleiß ist nicht automatisch karrierefördernd: Es kommt darauf an, ob der Vorgesetzte auch merkt, wie viel jemand arbeitet. Merkt er das nicht, hilft aller Fleiß nicht weiter. Wer konzentriert arbeitet, schon um 16 Uhr fertig ist und regelmäßig pünktlich geht, fällt eher unangenehm auf.

"Wer bleibt, bis es dunkel wird, gilt als Held der Arbeit", sagt Diplom-Psychologin Madeleine Leitner. Kommt ein Mitarbeiter früh, geht aber auch früh, hat er die schlechteren Karten: "Die meisten Chefs fangen eher später an und bleiben länger", sagt Martin Wehrle. "Mitarbeiter, die früh anfangen, sind abends oft nicht mehr da, wenn der Chef sie braucht."

Wer Erfolg haben will, darf nicht auf den Dienstweg vertrauen, warnt Wehrle. Das fange schon bei der Bewerbung an. "Stellenausschreibungen sind oft eine Farce. In mindestens der Hälfte der Fälle ist die Entscheidung längst gefallen, wenn die Stellenanzeige veröffentlicht wird."

Bewerber machten sich dann große Hoffnungen und zweifelten an sich selbst, wenn sie eine Absage bekommen. Häufig werden Stellen aber intern vergeben.

Dass der zweite Bildungsweg nur eine Karriere zweiter Klasse möglich macht, ist ein verbreitetes Klischee. In Wirklichkeit trifft das nach den Erfahrungen von Madeleine Leitner nicht zu: "Im Gegenteil, man zeigt, dass man belastbar und ehrgeizig ist", sagt die Diplom-Psychologin.

Gute Perspektiven gebe es gerade für diejenigen, die schon früh neben dem Beruf das Abitur oder Studium nachholen. Martin Wehrle sieht das ähnlich: "Man hat schon vorher einen Beruf gehabt und die Energie besessen, abends noch zu lernen. Das zeigt großes Durchhaltevermögen."

Regelmäßig die Stelle zu wechseln, gilt oft als Voraussetzung, um vorwärtszukommen. Das kann aber nach hinten losgehen: "Personalabteilungen sehen da genau hin", sagt Claudia Cornelsen, Expertin für Personality-PR.

"Wenn ein Bewerber überall nur zwei Jahre geblieben ist, dann wissen sie, der ist hier in zwei Jahren auch wieder weg." In solche Mitarbeiter investieren Arbeitgeber ungern.

Das Betriebsklima ist nicht nur eine psychologische Größe, wie viele meinen. "Auch Kunden oder Geschäftspartner bekommen das mit", sagt Martin Wehrle.

Nicht nur, weil Mitarbeiter bei gutem Betriebsklima motivierter sind, gibt es einen Zusammenhang zum Unternehmenserfolg: "Auch die Kunden werden dadurch beeinflusst", sagt Wehrle.

Gut fürs Vorankommen ist, wenn klar erkennbar ist, welche Kompetenzen ein Mitarbeiter hat. Auch hier gilt: Entscheidend ist, dass andere davon erfahren.

"Man kann etwa in der Betriebszeitung über sein Fachgebiet schreiben und an entsprechenden Kongressen teilnehmen", sagt Cornelsen. Dann werden auch andere außerhalb der direkten Umgebung schnell auf einen aufmerksam.

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