Von Lakritzbonbons, Westernreiten und Pferdehaaren

Leipzig (dpa) - Mit Zöpfen aber auch Glatze unterm Cowboyhut: Reiten ist nicht nur ein Traum für junge Mädchen. 1,5 Millionen Menschen sitzen regelmäßig im Sattel. In Leipzig trifft sich die Szene bei der „Partner Pferd“ - zwischen Staubsaugern für Tierhaare und Zaumzeug.

In das übliche Murmeln einer Großveranstaltung mischt sich Hufgeklapper und Wiehern. Im Gewusel der bunten Stände und Zuschauer in den Leipziger Messehallen laufen Pferde mit ihren Reitern zu den Präsentationsplätzen und der großen Turnierarena. Seit Donnerstag (17. Januar) tummeln sich rund 500 der sanftmütigen Vierbeiner auf dem Gelände. Eine große, grün leuchtende Arena steht im Zentrum des Messegeschehens auf der „Partner Pferd“. In 34 Prüfungen kämpft dort die Weltelite im Springreiten, Voltigieren und Vierspänner-Fahren um Weltcup-Punkte. Rundherum sind die Stände der rund 250 Aussteller drapiert und werben um die Aufmerksamkeit der flanierenden Besucher.

Wer keine Reiterstiefel oder Gerten braucht, kann sich neue Trendsportarten ansehen. Erstmals ist etwa der Polocrosse Verband Deutschland in Leipzig dabei. Beim Polocrosse versuchen die Spieler zu Pferd, einen Ball mit einer Art Köcher zu fangen und ins gegnerische Tor zu werfen. „Das ist ein großer Spaß aus Australien, der vor wenigen Jahren zu uns schwappte“, erzählt Verbandssprecherin Juliane Altsinger. Das sei vor allem ein Sport für Freizeitreiter, fernab der Spring- und Dressurplätze.

„Da diese Szene in Ostdeutschland besonders groß ist, versuchen wir auf der Messe, Gleichgesinnte zu gewinnen“, sagt die junge Studentin. Ihr Verband ist erst zwei Jahre alt, vier Vereine hätten sich in Deutschland bisher dem Polocrosse verschrieben - alle aus dem Raum Hannover. In Leipzig spielen die Polocrosser in einem 600 Quadratmeter großen Schauring, um ihren Sport zu präsentieren.

Um Imagepflege und Nachwuchswerbung geht es auch dem Westernreiter Uwe Lindner. Er reitet sein Pferd nur mit einem Halsring statt dem normalen Zaumzeug und führt die sogenannte Reining vor. Das ist eine Dressur im Westernstil, die ausschließlich im Galopp geritten wird. „Unser Sport boomt, vor allem in Ostdeutschland“, berichtet Lindner, der als Trainer im mittelsächsischen Roßwein Pferd und Reiter ausbildet.

„Noch vor wenigen Jahren hatten wir in Prüfungen 10 Starter je Leistungsklasse, jetzt sind wir bei 30 bis 40“, sagt Lindner. Und gerade in den Wochen nach der „Partner Pferd“ riefen ihn Begeisterte an, die auch das Westernreiten lernen wollten. „Deswegen wäre es für uns blöd, daheim zu bleiben“, statt an der Messe teilzunehmen.

Etwa 61 800 Gäste zählte der Veranstalter im vergangenen Jahr. Rund 250 Aussteller aus 8 Ländern präsentieren sich nun bei der 16. Auflage bis zum Sonntag (20. Januar). Gut 1,5 Millionen Reiter gibt es nach Angaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung hierzulande. Etwa 5 Milliarden Euro Umsatz werden jährlich rund ums Pferd generiert. Mit welchen Produkten, ist unschwer auch auf dem Leipziger Gelände zu sehen: Vom Zaumzeug über Pflegeelixiere und Lakritzleckerlis bis hin zum Staubsauger speziell für Tierhaare wird nahezu alles angeboten, was in der Szene Abnehmer finden könnte.

Die Sachen müssen aber nicht nur ihren Zweck erfüllen, sondern der ein oder andere hat auch modische Ansprüche. Die Sattelunterlagen gibt es farblich abgestimmt zum Beinschutz und zur Reitjacke. „Vor allem den Frauen ist es besonders wichtig, dass sie Ton in Ton mit ihrem Pferd auftreten können“, erzählt Nico Prange, der seit sieben Jahren als Verkäufer an einem der Stände steht. „In dieser Saison am liebsten in den Farben rot, royalblau oder lila.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort