Blindenhunde: Schlaue Vierbeiner im Dienst

Bad König (dpa/tmn) - Blindenführhunde machen das Leben von blinden Menschen leichter. Mithilfe der Vierbeiner sind sie mobil und trauen sich auch in Treppenhäuser oder auf einen Spaziergang. Die Tiere reagieren auf Kommandos wie „Nach Hause“ oder „Such Treppe“.

Andere Hunde begrüßen? Sich von Fremden füttern oder streicheln lassen? Einfach so eine Treppe herunter laufen? Das ist für einen Blindenführhund im Dienst undenkbar. „Das darf er einfach nicht“, sagt Andreas Kohl von der Hessischen Blindenführhundschule „Blickpunkt“ in Bad König. Schließlich hat der Hund die Verantwortung für „seinen“ blinden Menschen, der in solchen Situationen gar nicht weiß, was los ist.

Die Blindenführhunde gehorchen auf 40 Kommandos. Sie wissen, was „Nach Hause“ heißt, schauen sich bei „Such Zebra“ nach einem Zebrastreifen um und reagieren sogar auf „Mach's Scheißerle“. Geht es eine Treppe hoch, führt der Hund sein Herrchen oder Frauchen zunächst zur Treppe. Dann presst er sein Hinterteil an das Bein des Menschen und läuft langsam die Stufen hinauf. Er muss auch wissen, dass eine Rolltreppe tabu ist.

Kein Wunder, dass die Ausbildung lang ist und nicht jeder Vierbeiner sie schafft. „Aus jedem unserer Würfe sind etwa 30 bis 40 Prozent der Tiere geeignet“, sagt Mario Fiedler, Geschäftsleiter der Stiftung Deutsche Schule für Blindenführhunde in Berlin. Im Alter von etwa zehn Wochen werden die Tiere in Patenfamilien gebracht, dort lernen sie das Einmaleins des guten Hundebenehmens wie „Sitz“, „Platz“, „Bleib“ und „Komm“.

Sind die Hunde erwachsen, werden sie auf ihre Eignung überprüft. Haben sie gute Nerven oder Angst vor lauten Geräuschen? Lernen sie schnell? Sind sie gesund? Denn die Ausbildung ist aufwändig, mit einem anfälligen Tier lohnt sie sich nicht.

„Ein vernünftig ausgebildeter Führhund kostet etwa 25 000 Euro. Bei Dumping-Anbietern gibt es auch schon für 17 000 Euro einen Hund“, sagt die Tierärztin und frühere Hundetrainerin Sabine Häcker vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband in Berlin. „Das heißt aber nicht automatisch, dass die teuersten Schulen auch die besten sind.“

Fest steht, dass viele Schulen Wartelisten haben und die blinden Menschen im Schnitt ein bis zwei Jahre auf ihren Hund warten müssen. Die Schulen arbeiten mit zwei unterschiedlichen Taktiken: Manche bilden Hunde aus und verkaufen sie dann an Interessenten. Andere suchen nach dem richtigen Hund für den blinden Menschen und bilden diesen dann nach den individuellen Wünschen und Ansprüchen aus.

So arbeitet auch die Hessische Blindenführhundschule. Die Menschen können sich sogar aussuchen, welche Rasse sie haben möchten. Die meisten verlangen einen Labrador, ab und zu wird auch nach einem Schäferhund gefragt. Die Tiere dieser beiden Rassen haben die gewünschte Schulterhöhe von mindestens 50 Zentimetern, meist eine robuste Gesundheit, einen ausgeglichenen Charakter und einen mäßig ausgeprägten Jagdinstinkt.

Ist ein solcher Hund gefunden, wird er etwa ein Jahr lang ausgebildet. „Zunächst fangen wir mit etwas Einfachem an und trainieren das in einer Umgebung, in der es kaum Ablenkung gibt“, erklärt Kohl. So lernt der Hund etwa den Befehl „Geradeaus“ zunächst im Wald, dann wird in einem ruhigen Gewerbegebiet und schließlich in der Großstadt trainiert.

Geht alles nach Plan, lernen sich der blinde Mensch und sein Hund in der Führhundschule kennen. Nun muss der Mensch lernen: Auf welche Kommandos hört das Tier? Wie laufe ich überhaupt neben einem Hund? Und vor allem muss er verinnerlichen, dass er mit seinem Tier immer konsequent sein muss.

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