Enterbt? Es bleibt ja immer noch der Pflichtteil

Wer als nahestehender Angehöriger beim letzten Willen leer ausgeht, kann trotzdem hoffen.

Düsseldorf. Eltern können ihre Kinder enterben. Das müssen sie nicht mal ausdrücklich aussprechen oder im Testament so anordnen. Es reicht, wenn sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Allerdings: Die Kinder haben dann immer noch einen Anspruch auf den Pflichtteil.

Ein Beispiel: Frau Schneider ist verwitwet und hat zwei Söhne — Tim und Tom. Sie setzt Tim zum Alleinerben ein. Tom hat dann nur einen Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Um zu wissen, was das bedeutet, muss also gerechnet werden: Was hätte der Enterbte nach der gesetzlichen Erbfolge bekommen — und dieser Wert wird dann halbiert.

Hätte Frau Schneider ein Vermögen von 100 000 Euro, so hätten Tim und Tom nach der gesetzlichen Erbfolge Anspruch auf je 50 000 Euro. Weil Tom enterbt wurde, bekommt er nur den Pflichtteil. In dem Fall ist das ein Anspruch auf 25 000 Euro gegen Bruder Tim, dem im Endeffekt 75 000 Euro verbleiben.

Wichtig zu wissen: Längst nicht jeder Verwandte ist pflichtteilsberechtigt, kann also noch etwas geltend machen, wenn er testamentarisch übergangen wurde. Neben Kindern des Erblassers sind noch der Ehepartner des Erblassers oder ein eingetragener Lebenspartner pflichtteilsberechtigt.

Wenn im Zeitpunkt des Erbfalls keine Kinder mehr leben, sind auch Enkel und Urenkel pflichtteilsberechtigt. Sind beim Tod des Erblassers gar keine Abkömmlinge vorhanden, haben die Eltern des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch. Geschwister des Erblassers sind dagegen nicht pflichtteilsberechtigt.

In Ausnahmefällen können selbst Pflichtteilsberechtigte durch ein Testament völlig enterbt werden: Wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser nach dem Leben trachtet, sich eines Verbrechens oder schweren Vergehens gegen diesen schuldig gemacht hat oder wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist.

Wer einem Pflichtteilsberechtigten auf keinen Fall etwas hinterlassen möchte, könnte auf die Idee kommen, diesem dadurch zu schaden, dass er sein Vermögen vor dem Tod noch schnell verschenkt. Auch hieran hat der Gesetzgeber zum Schutz der Pflichtteilsberechtigten gedacht.

Ist die Schenkung innerhalb von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers erfolgt, gibt es einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Damit wird der Pflichtteilsberechtigte im Erbfall so gestellt, als ob der verschenkte Gegenstand noch im Vermögen des Erblassers wäre. Allerdings vermindert sich die Höhe des Anspruchs jedes Jahr um zehn Prozent.

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