Der letzte Weg - Tod und Sterben ohne Tabu Trauerrede - Die passenden Worte für den Abschied

Trauerrednerin Anke Pfeiffer-Pogatzki hört erstmal nur zu. Manchmal wird am Grab nicht nur Gutes gesprochen.

Der letzte Weg - Tod und Sterben ohne Tabu: Trauerrede - Die passenden Worte für den Abschied
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Darf man am Grab darüber sprechen, dass der Verstorbene sein Leben lang geizig gewesen ist? Ist es pietätlos, wenn in der Trauerrede erwähnt wird, dass ein verstorbener junger Mann täglich gebadet hat? Man darf das alles sagen, findet Anke Pfeiffer-Pogatzki. Und die muss es wissen. Denn seit zehn Jahren ist die 58-Jährige selbstständige Trauerrednerin. Was eine gute Rede ausmacht? „Es ist wichtig, die individuelle Trauer wahrzunehmen, auszusprechen und zum Ausdruck zu bringen.“ Letztendlich geht es aber vor allem darum, einen würdigen Abschied für Familie und Freunde zu gestalten.

Anke Pfeiffer-Pogatzki hat selbst durch einen schweren Schicksalsschlag den Weg eingeschlagen, anderen Menschen zu helfen: „Mein Vater ist damals gestorben, meine Tochter war erst zehn Jahre alt.“ Damals hat die Angermunderin angefangen, sich mit Trauerbewältigung zu beschäftigen. Ganz profan. Die Tischler-Innung bietet Kurse für Trauerredner an. Pfeiffer-Pogatzki brachte allerdings auch schon Erfahrungen aus der Gemeindearbeit mit: „Ich bin theologisch und psychologisch geschult.“ Obwohl sie sich nach wie vor in der Ökumene engagiert, entschied sie sich für die freie Trauerarbeit, die nicht konfessionell gebunden ist.

Der erste Kontakt mit den Hinterbliebenen beginnt ganz einfach: „Ich werde von einem Bestattungsinstitut empfohlen.“ Was sie dann erwartet, weiß sie nicht. Es gibt Hinterbliebene, die noch völlig aufgelöst sind und weinen, andere sind sehr gefasst: „Das hängt auch von der Situation ab. Wenn ein junger Mensch ganz plötzlich aus dem Leben gerissen wird, ist das emotional völlig anders, als wenn jemand schon lange schwer krank war und die Angehörigen Zeit hatten, sich auf den Tod vorzubereiten.“ Der könne dann bei vielen sogar als Erlösung vom Leiden wahrgenommen werden.

Das weiß Anke Pfeiffer-Pogatzki aber noch nicht, wenn sie an der Haustür schellt: „Ich setze mich dann mit den Hinterbliebenen hin und höre erst einmal zu.“ Wichtig sei es, auch zwischen den Zeilen zu lesen, um heraus zu finden, was den Betroffenen für die Trauerrede wichtig ist. Sensibles Nachfragen ist wichtig. Am Ende bestimmt die Familie, was sie am Grab über den Verstorbenen hören möchte.

Das müssen durchaus nicht nur positive Eigenschaften sein. Bereits mehrfach wurde die Trauerrednerin darum gebeten, doch zu erwähnen, dass der Verstorbene sein ganzes Leben lang geizig gewesen ist. Auch Eigenschaften wie „chaotisch“ oder auch „unordentlich“ schaffen es manchmal bis ins Manuskript. Die 58-Jährige frage dann manchmal nach, ob das wirklich so gewollt sei: „Und es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten sollte.“

Am Ende kommt es darauf an, dass die Rede am Grab funktioniert. In Erinnerung blieb der Trauerrednerin die Beerdigung eines jungen Mannes, der in Flingern bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben kam.

Den Eltern war nicht nur wichtig, dass er für seinen Verein Fortuna Düsseldorf lebte. Auch dass „Klausi“ die Pizza seines Vaters liebte und seine Mutter täglich mit den Worten „Lass fluten! Und was gibt es zu essen?“ dazu aufforderte, sein Badewasser einzulassen. Eingerahmt wurde die Rede von den beiden Hosen-Songs „Altes Fieber“ und „Nur zu Besuch“. Die Rede traf genau den Nerv der vielen Menschen, die um „Klausi“ trauerten: „Die Familie hat sich bei mir sehr herzlich bedankt. Darauf kommt es an.“

Was die Musik anbelangt, hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Früher wurden fürs Grab ein Trompeter oder ein klassischer Gitarrist engagiert. Heute sind die Wünsche vielfältiger geworden.

Pfeiffer-Pogatzki: „Richard Claydermann, Udo Jürgens oder My Way’ von Frank Sinatra sind immer noch beliebt. Aber ’Geboren um zu leben’ von Unheilig oder die Toten Hosen werden sehr oft gewünscht, um die Trauerrede einzurahmen.“ Egal, ob konfessionell oder nicht: Das „Vater unser“ gehört für die Trauerrednerin grundsätzlich zu einer würdigen Beerdigung dazu. „Es kommt auch nur ganz selten vor, dass bei diesem Anlass bewusst darauf verzichtet werden soll.“

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