Wie vererbe ich richtig?

Mit einem Testament werden Weichen gestellt, die für die Erben oft existenziell sind. Dabei lauern viele Fallen. Drei Notare geben Ratschläge.

Düsseldorf. Wer mit einem Notar über die Frage des weitsichtigen Vererbens spricht, muss schon einiges von sich preisgeben — sonst kann er nicht angemessen beraten werden.

Wie zum Beispiel der Anrufer, der bei unserer Telefonaktion von seinem Seitensprung vor 30 Jahren in Polen sprach und nun befürchtet, da könnte eines Tages noch ein mittlerweile nicht mehr ganz so kleiner Erbe an die Tür klopfen.

Oder es werden Charakterzüge wie übertriebenes Besitzstreben deutlich. Ein Anrufer fragte, ob er den — wohlgemerkt noch lebenden — Erblasser nicht jetzt schon auf den ihm doch wohl zustehenden Erbteil verklagen kann.

Selbstverständlich wahren auch wir das Notargeheimnis, nennen keine Namen und beantworten auch diese beiden Fragen am Ende des Artikels. Doch zunächst mal zu den auch allgemein interessierenden Fragen unserer Leser, die die Notare Henrich Fabis (Wuppertal), Stefan Wehrstedt (Düsseldorf) und Hartmut Schlieper (Krefeld) gestern am Telefon unserer Zeitung beantworteten. Leider waren die Leitungen überlastet, nicht alle kamen in den zwei Stunden durch.

Meine Frau und ich haben ein gemeinschaftliches Testament gemacht, wonach zuerst der überlebende Partner und am Ende unsere Kinder erben sollen. Nun haben wir Angst, dass eines oder mehrere der Kinder beim Tod des Erstversterbenden ihren Pflichtteil geltend machen und dem anderen nicht genug zum Leben bleibt. Was tun?

Antwort: Ideal wäre, wenn sich die Kinder zu einem Erbverzichtsvertrag bereiterklären. Das funktioniert nur in notarieller Form. Falls ein oder mehrere Kinder dabei nicht mitmachen, hilft nur die Strafklausel im Testament.

Antwort: Sie schreiben in das gemeinschaftliche Testament den Satz: „Verlangt eines unserer Kinder beim Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil, erhält es auch beim Tode des Längstlebenden nur den Pflichtteil aus dessen Nachlass.“

Ich bin schwer krank, meine Kinder sind erst elf und zwölf Jahre alt. Wie kann ich sicherstellen, dass sie erben, aber dass das Geld ihnen nicht zu früh zur Verfügung steht, sondern sie es zum Beispiel für eine gute Ausbildung verwenden?

Antwort: Hier wäre eine Möglichkeit, die Kinder als Vermächtnisnehmer einzusetzen und gleichzeitig eine Testamentsvollstreckung anzuordnen. Idealerweise eine Vertrauensperson aus dem Angehörigenkreis würde dann das den Kindern zugedachte Vermögen verwalten und zu den vorgegebenen Zwecken einsetzen. Dann könnten Sie zum Beispiel regeln, dass die Kinder das Geld erst bei Erreichen des 25. Lebensjahres bekommen.

Ich habe zwei erwachsene Töchter. Denen würde ich gern mein Vermögen jetzt schon übertragen. Das hätte doch auch den Vorteil, dass ich, wenn ich pflegebedürftig wäre, kein Geld mehr hätte und die Sozialhilfe dann das Heim bezahlt.

Antwort: Wer sich auf diese Weise arm rechnen will, riskiert viel. Abgesehen davon, dass auch die Kinder für den Unterhalt herangezogen werden, und sie andererseits auch nie wissen können, ob Ihre Kinder noch in ein paar Jahren zu Ihnen stehen, geben Sie doch mit Ihrem Vermögen die Fäden aus der Hand. Eine qualitativ gute Pflege können Sie sich mit mehr Geld besser leisten als ohne. Verschenken sollte man nur etwas, wenn man es sich leisten kann. Also: Genau durchrechnen, ob nach Weggabe der Vermögenswerte das Geld auch noch für eine teure Pflege reichen würde.

Ich habe 10 000 Euro zu vererben, aber keine nahestehenden Verwandten. Könnte ich damit eine Stiftung gründen?

Antwort: Das wird sich nicht lohnen, denn bei einem noch so guten Stiftungszweck käme dabei nicht viel heraus. Von den Zinsen von vielleicht maximal 300 Euro im Jahr lässt sich kaum jemand glücklich machen. Vermachen Sie das Geld lieber an eine Organisation, für die Ihr Herz schlägt — sei es die Hospizbewegung oder der Tierschutzverein. Ist die Organisation als gemeinnützig anerkannt, funktioniert das sogar erbschaftsteuerfrei.

Ich lebe mit meiner Freundin zusammen, wir sind aber nicht verheiratet. Wie sieht es erbrechtlich aus?

Antwort: Wenn Sie kein Testament machen, geht die Freundin leer aus, stattdessen erben bei Ihrem Tod Ihre nächsten Verwandten. Ändern können sie das nur, wenn jeder den anderen per Testament oder verbindlich durch notariellen Erbvertrag zum Erben einsetzt. Doch bedenken Sie: Wer nicht verheiratet oder verpartnert ist, zahlt einen hohen Erbschaftsteuersatz und hat auch nur geringe Freibeträge.

Und was macht das aus?

Antwort: Ehe- und Lebenspartner haben einen Freibetrag von 500 000 Euro und einen Eingangssteuersatz von nur sieben Prozent für das darüber liegende Erbe. Nicht Verheiratete haben dagegen nur 20 000 Euro frei und steigen gleich mit einem Steuersatz von 30 Prozent ein — wenn das kein Grund für eine Heirat ist . . .

Gibt es für das Testament brauchbare Muster im Internet?

Antwort: Von so etwas raten wir dringend ab. Jeder Fall ist anders. Was natürlich nicht heißt, dass sie unbedingt zum Notar müssen. Sie können auch ein privatschriftliches Testament machen, wenn Sie sich an die strengen Regeln halten (siehe Infokasten).

Wenn ich das Testament doch selbst machen kann, warum sollte ich dann zum überhaupt zum Notar gehen?

Antwort: Zum einen können Sie dann sicher sein, dass alles auch wasserdicht so formuliert wird, wie es Ihrem Willen entspricht. In eigenhändigen Testamenten finden sich oft Formulierungen, die später ganz anders ausgelegt werden, als es sich der Erblasser gedacht hat. Zum anderen ist die Kostenfrage auch kein wirkliches Argument. Wer ein notarielles Testament aufsetzt, hat nicht nur die fachkundige Beratung sicher, sondern seine Erben brauchen später auch keinen Erbschein, der im Ergebnis fast doppelt so teuer ist wie die Notarkosten.

Und wie teuer ist so ein notarielles Testament?

Antwort: Maßgeblich ist das Vermögen abzüglich Schulden. Bei einem Nettovermögen von 250 000 Euro beträgt die Notargebühr 432 Euro plus Mehrwertsteuer. Für ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag ist es doppelt so viel. Ab Herbst kann es wegen einer anstehenden Gebührenänderung etwas teurer werden. Jedenfalls sollte man sich klar machen, dass es hier um vergleichsweise geringe Kosten geht — im Verhältnis zu dem Schaden, der womöglich entsteht, weil Zehntausende Euro wegen einer falschen oder missverständlichen Formulierung in die falsche Richtung gelenkt werden.

Zum Schluss wie versprochen die Antworten der Notare auf die ersten beiden Fragen.

Antwort: Der Seitensprung vor 30 Jahren in Polen kann nur dann erbrechtliche Auswirkungen haben, wenn sich tatsächlich jemand meldet und auch die Abstammung beweist. Selbst dann könnte man die erbrechtlichen Folgen dadurch begrenzen, dass man einen anderen, zum Beispiel den Ehepartner, zum Alleinerben macht. Dem unbekannten Sohn bliebe dann nur der Pflichtteil. Und bei der Frage, ob es möglich ist, den Erblasser schon zu Lebzeiten zu verklagen, ist das Recht hundertprozentig deckungsgleich mit der Moral: Das funktioniert nicht.

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