Ananasgewächse: Vom Regenwald auf die Fensterbank

Göttingen/Markkleeberg (dpa/tmn) - Nicht alle Bromelien brauchen Erde, um zu wachsen. Und ihr Wasser bekommen sie in ihren Trichter gegossen: Die Exoten aus dem Regenwald sind in vielerlei Weise ungewöhnlich.

Die Blätter der Bromelien, die bei uns als Zierpflanzen kultiviert werden, bilden wohlgeformte Trichter. Aus deren Mitte wächst ein kräftiger, meist prächtig gelb, rot, orange oder rosa gefärbter Blütenstand. Sie sehen einer Frucht ähnlich, die viele gerne verzehren: der Ananas. Die Ananasstaude ist die berühmteste Bromelie.

„Es gibt 2500 bis 3000 verschiedene Arten von Bromelien“, erläutert Michael Schwerdtfeger, Kustos des Alten Botanischen Gartens in Göttingen. „Und bis zum heutigen Tage werden immer noch neue Arten entdeckt.“ Die Ananas entdeckte Christoph Kolumbus um 1493 auf Guadeloupe. Sie war bereits vor seiner Zeit in Südamerika als Nahrungs- und Heilmittel kultiviert worden.

Für die Anzucht in Europa gibt es Zeugnisse aus dem frühen 18. Jahrhundert. „Mit der Ananas gelangte auch der Zimmerhafer (Bilbergia nutans) nach Europa“, sagt Petra Hensel von der Deutschen Bromeliengesellschaft (DBG) im sächsischen Markkleeberg. „Diese Bromelie hatten schon unsere Großmütter auf der Fensterbank stehen.“

Lange war diese schöne Pflanze mit den blauen und pinken Blüten aber aus der Mode gekommen, sagt Schwerdtfeger. Grund hierfür sei auch das weit verbreitete Unwissen um deren Pflege, denn diese ist ungewöhnlich: „Man muss den Blatttrichter regelmäßig mit Wasser füllen“, erläutert der Botaniker. „Das gilt für die meisten Bromelien, denn sie nehmen das Wasser nicht über Wurzeln auf, sondern über die Zisterne der Blätter.“ Die besondere Lebensform der Ananasgewächse ergibt sich aus der Anpassung an den Lebensraum. „Viele Bromelien wachsen in tropischen Regenwäldern - zusammen mit Orchideen - in der einzigartigen Lebenswelt der Baumkronen“, sagt Schwerdtfeger.

Die Tillandsien bilden eine besondere Gattung innerhalb der Familie der Bromelien. Im Volksmund werden die Tillandsien häufig Luftnelken genannt, erzählt Schwerdtfeger. „Man bekommt den Eindruck, dass die Pflanzen mit den pinkfarbenen Blütenständen von Luft und Liebe leben.“ Aber Tillandsien wachsen wie viele andere Bromelien epiphytisch, das heißt, sie sitzen auf anderen Pflanzen oder gar, wie Hensel sagt, auf Felsen auf. Die Wurzeln geben ihnen lediglich Halt. So werden die grauen Schönheiten im Handel auch auf Steinen befestigt angeboten.

Ihre Wasseraufnahme aus der Umgebungsluft gewährleisten winzige Saugschuppen. Durch diese Zellen erscheint die Oberfläche der Blätter bei Hitze und Trockenheit weiß. Durch Feuchtigkeit werden sie durchsichtig, und das Blattgrün schimmert durch. Graue Tillandsien lieben im Vergleich zu den rein grünblättrigen Arten sonnige Standorte. „Allerdings benötigen die Pflanzen gleichzeitig eine hohe Luftfeuchtigkeit, um zu überleben“, sagt Schwerdtfeger.

Will man mit exotischen Trichter-Bromelien nicht nur einen kurzzeitigen Dekorationseffekt im Zimmer erzielen, sondern langfristig Freude daran haben, muss man sie umsichtig pflegen: „Zum Gießen verwendet man weiches Regenwasser“, rät Hensel. Es wird in den Trichter und die Blattachseln gegossen. In den Wintermonaten kann man etwas weniger gießen. „Im Sommer können die meisten Bromelien ins Freie, und dann bekommen sie mehr Wasser“, ergänzt Schwerdtfeger.

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