Im globalen Vergleich Wenig Vielfalt im deutschen Wald

Eberswalde/Bonn (dpa) - Birken, Buchen, Eichen, Tannen, Fichten, Ahorn, Eschen, Erlen, Kiefern: Die meisten Menschen können auf Anhieb eine Liste von in Deutschland heimischen Baumarten runterrattern.

Im globalen Vergleich: Wenig Vielfalt im deutschen Wald
Foto: dpa

Doch selbst wenn diese Liste komplett ist, ist sie nicht besonders lang: Deutlich weniger als hundert verschiedene Baumarten wachsen hierzulande. Das ist erstaunlich wenig im Vergleich zu der Baumvielfalt, die es rund um den Globus gibt.

Einige Wochen vor dem Tag des Baumes (25.4.) stellte die Organisation Botanic Gardens Conservation International (BGCI) eine Online-Datenbank vor, die erstmals alle bekannten Baumarten auf der Welt auflistet: „GlobalTreeSearch“. Demnach gibt es rund um den Globus 60 065 verschiedene Baumarten, die meisten davon in Brasilien, Kolumbien und Indonesien.

In Deutschland sind es nach Angaben des Thünen-Instituts für Waldökosysteme in Eberswalde (Brandenburg) höchstens 60 verschiedene Arten. Dabei ist für Institutsleiter Andreas Bolte ein Baum ein Gehölz, dass größer als fünf Meter ist und im Normalfall nur einen Stamm bildet. Die verschiedenen Organisationen arbeiten teils mit unterschiedlichen Baum-Definitionen.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) spricht von bis zu 77 Arten in Deutschland. „Wir haben gerade erst nachgezählt“, unterstreicht Bundesgeschäftsführer Christoph Rullmann. „In Deutschland finden sich demnach nur 0,1 bis 0,13 Prozent aller Arten“, konstatiert Rullmann. „Unsere vier Hauptbaumarten sind Fichte, Kiefer, Buche und Eiche“, ergänzt Bolte.

Dass es in Mitteleuropa vergleichsweise wenig Baumarten gibt, rühre von der letzten Eiszeit her und der ungünstigen Ost-West-Ausrichtung der Gebirge wie den Pyrenäen, Alpen und Karpaten, erklärt Thünen-Institutsleiter Bolte. „Viele vor der Eiszeit vorkommenden Arten konnten der Vergletscherung nicht nach Süden ausweichen und sind daher ausgestorben“, sagt er. Nur vergleichsweise wenige Baumspezies gelangten in die Rückzugsgebiete am Mittelmeer und auf den Balkan. Daher lässt es sich erklären, warum nach dem Abklingen der letzten Eiszeit vor rund 12 000 Jahren nur wenige Arten zurückwandern konnten.

„Unser Wald ist daher aus geologischer Sicht ein sehr junges Ereignis. Die Kernbereiche der Tropen waren wahrscheinlich von solchen Umwälzungen seit Jahrmillionen nicht betroffen und konnten sich ungestört auseinander differenzieren“, sagt Bolte.

SDW-Geschäftsführer Rullmann ist sich sogar sicher, dass es weltweit noch sehr viel mehr als die jetzt bekannten 60 065 Arten gibt, da in den Tropen nicht alle Unterarten ausdifferenziert wurden. So gebe es in Deutschland beispielsweise die Birkenartigen, zu denen Hainbuche und Birke gehören, so Rullmann. In den Tropen bleibe es wegen der Vielfalt oft bei den Oberbegriffen. „Dort kommen auf einem Hektar mehr als 100 Arten vor“, ergänzt Bolte.

Insgesamt betrachtet gehe es nach Boltes Einschätzung dem deutschen Wald gut. Probleme bereite der hohe Stickstoffeintrag. In Zukunft könnte sich die Lage durch den einsetzenden Klimawandel mit Trockenheit, Hitze und Schädlingen verschärfen. Die anfälligste Art in diesem Kontext sei die Fichte, die dem Borkenkäfer schutzlos ausgeliefert ist. Daher sei der Waldumbau von Nadelwäldern in Laub- und Mischwaldgesellschaften eine Gegenmaßnahme, unterstreicht der Eberswalder Forscher.

Zu den seltensten Baumarten in Deutschland gehören im übrigen die Wildobstarten wie Wildapfel, Elsbeere und Speierling sowie die Flaumeiche (Quercus pubescens). Schon mal gehört?

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