Gemütlich in der Nasszelle Möbelbranche nimmt das Bad ins Visier

Köln (dpa) - Vom Hygienebereich zur Wellness-Oase: Auf der Suche nach neuen Absatzmärkten haben nun auch die Möbelhersteller das Badezimmer ins Visier genommen. Dabei setzt die Branche angesichts einer nur noch verhaltenen Möbelkonjunktur im Inland auf Wohnliches in der Nasszelle.

Gemütlich in der Nasszelle: Möbelbranche nimmt das Bad ins Visier
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„Die Badewanne macht dem Sofa Konkurrenz“, stellt etwa Ursula Geismann, Trendexpertin der deutschen Möbelindustrie fest. Vorbild könnte dabei der Trend zur Wohnküche sein.

Gemütlich in der Nasszelle: Möbelbranche nimmt das Bad ins Visier
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Als Neuheit präsentiert die internationalen Möbelmesse IMM (bis 21. Januar) in Köln eine mit Stoff gepolsterte Badewanne. An der Außenseite der rund 9000 Euro teuren Wanne ist dabei ein wasserabweisendes Polstergewebe angebracht. Passend dazu gibt es einen stoffbezogenen Waschtisch - bei Bedarf auch in der neuen Retro-Farbe Moosgrün.

Das Bad zählt in diesem Jahr zu einem der Schwerpunktthemen der Messe, die von Freitag bis Sonntag auch für das breite Publikum geöffnet ist. Gezeigt werden auch edle Designerstücke wie ein Marmor-Sofa zum Preis von 82 000 Euro oder Esszimmerstühle mit Schaukelfunktion, die dem Sofa Konkurrenz machen sollen.

Behagliche Holzmöbel, eine atmosphärische Beleuchtung und vielleicht noch ein gemütlicher Sessel, ein Teppich oder sogar ein Kaminofen: So sieht das neue Wohlfühlbad nach Einschätzung von Trendexperten aus. Für finanzkräftigere Kunden hat die Branche daneben Extras wie Spezialbrausen, elektrisch höhenverstellbare Sanitäreinrichtungen oder Toilettensitze mit Duschfunktion im Angebot, die bei einer Neueinrichtung mit Kosten von bis zu 2000 Euro und mehr zu Buche schlagen können. Rund 2800 Euro kostet allein ein Badezimmerschrank, der auf ein Handzeichen hin für stimmungsvolle Beleuchtung sorgt.

Grundproblem der Branche ist dabei die meist noch eher bescheidene Größe vieler deutscher Badezimmer. Nach einer Ende vergangenen Jahres im Auftrag des Verbands Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) vorgelegten repräsentativen Forsa-Studie liegt die durchschnittliche Größe des Hauptbadezimmers in Deutschland derzeit bei rund 9,1 Quadratmetern. Das sind zwar rund 1,3 Quadratmeter mehr als noch 2006, nach Ansicht des Verbands aber immer noch „viel zu wenig“.

Mieter müssen dabei im Schnitt mit 8,6 Quadratmetern zurechtkommen, Hausbesitzer haben immerhin rund 10,3 Quadratmeter zur Verfügung. Mehr als jedes fünfte (21 Prozent) Badezimmer misst dabei nicht mehr als sechs Quadratmeter. Zur „Komfortklasse“ mit über zehn Quadratmetern Grundfläche gehört dagegen etwa jedes vierte (26 Prozent) Bad.

Vor allem bei Neubauten würden derzeit zunehmend größere Bäder eingeplant, oft auf Kosten der Kinderzimmer, sagt Geismann. Fraglich ist dabei, ob sich der von der Branche propagierte Trend eines zum Schlafraum offenen Badezimmers auch tatsächlich durchsetzen kann. „Das Bad war lange Zeit das, was auf dem Plan übrig geblieben ist“, sagt der IMM-Trendexperte Frank Reinhardt. Heute werde dagegen nach dem Auszug der Kinder oft ein Durchbruch in den Nachbarraum gemacht, um das Bad zu vergrößern.

Während die deutsche Möbelindustrie in den ersten zehn Monaten des Jahres 2017 mit einem Umsatzrückgang im Inland zu kämpfen hatte, rechnet die Sanitärbranche für 2017 mit einem deutlichen Plus von 2,5 Prozent auf 24,4 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr wird ein weiterer kräftiger Umsatzzuwachs um „zwei bis drei“ Prozent auf rund 25 Milliarden Euro erwartet, wie Sprecher Frank Linnig sagte. Enthalten sind darin allerdings auch die Umsätze der Handwerksbetriebe.

Renovierungsentschlossene Badliebhaber warnt Experte Reinhardt allerdings vor dem Einsatz allzu trendiger Materialien wie Fliesen im Design von Echtholz. „Was früher das moosgrüne Badezimmer war, ist heute die Fliese mit Holzoptik. Wir werden diese Fliesen auch hassen“, kündigt er an. Allerdings werde auch Moosgrün im Bad eine Renaissance erleben.

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