Vollnarkose: Patienten in Lebensgefahr

Die Zahl der Operationen in Arztpraxen steigt. Experten klagen, dass mangelnde Qualität zu Todesfällen führt.

Düsseldorf. Ambulante Operationen sollen angenehmer für den Patienten sein. Und kostensparend für das Gesundheitssystem. Doch die Qualität wird kaum überwacht. Experten warnen, dass bei Narkosen in Praxen immer wieder medizinische Standards unterschritten werden. Anästhesisten arbeiten teilweise ohne geschulte Assistenzkräfte, es fehlen für die Patientenüberwachung vorgeschriebene Geräte. Das kann für Patienten lebensgefährlich sein.

Seit 2002 starben etwa zehn Kinder allein nach zahnärztlicher Behandlung unter Vollnarkose. Verglichen mit der Gesamtzahl an Operationen sind Todesfälle zwar selten, aber für den Hamburger Rechtsanwalt Tim Neelmeier, spezialisiert auf Medizinrecht, liegen die Fehler im System.

Viele der 2800 selbstständigen Anästhesisten sind alleine von Praxis zu Praxis unterwegs, ohne eigene, spezialisierte Mitarbeiter. „Helfen müssen dann Praxis-Arzthelferinnen, die nicht dafür ausgebildet sind“, beklagt Neelmeier.

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie der Berufsverband Deutscher Anästhesisten haben festgelegt, dass ein Anästhesist „unstrittig eine qualifizierte Assistenz“ braucht. Doch ob ambulante Operationen nach diesem Standard erfolgen, wird kaum überprüft. „Engagierte Ärzte halten sich daran“, sagt Ilona Köster-Steinebach, vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Aber die, die sich nicht daran halten, erwischen wir nicht.“

Laut GKV, dem Spitzenverband der gesetzlichen Kassen, gab es 2010 mehr als acht Millionen ambulante Operationen bei Vertragsärzten. Der Verband beklagt, dass das Gremium, das für Qualitätssicherung zuständig ist — der Gemeinsame Bundesausschuss als oberstes Beschlussgremium für Ärzte, Kliniken und Kassen — „seinem Auftrag nicht nachkommt“.

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