Volkskrankheit Schlafstörung

Besonders gefährlich sind Atemaussetzer. Um das Problem zu lösen, muss es ganzheitlich betrachtet werden.

Düsseldorf. Ich bin ein Schnarcher. Sogar ein kräftiger. Das stört auch mich ungeheuer. Nicht nur meine Frau. Den Wecker muss ich gar nicht erst stellen, wenn ich hundemüde zu Bett gehe: Meist werde ich frühmorgens so um halb sechs von allein wach - und fühle mich alles andere als ausgeruht.

Lauwarmes Duschwasser spült Schlappheit ab, aber nur vorübergehend. Mein Kaffee-Konsum ist enorm, rund um die Uhr. Trotzdem fallen mir abends selbst bei meiner TV-Lieblingsserie "Desperate Housewives" die Augen zu. Meiner Frau auch.

Vor ein paar Wochen erlebte ich dann den Horror aller Autofahrer: Sekundenschlaf auf der Autobahn 3, kurz hinter Leverkusen. Fast wäre ich mit Tempo110 gegen die Leitplanke gedonnert. Im letzten Moment konnte ich das Steuer noch herumreißen. Auf dem Rastplatz Ohligser Heide schaute ich in den Himmel und atmete erst einmal tief durch. Und spürte: Jetzt muss etwas passieren.

Bei Frank Elstners Fernsehsendung "Menschen" hatte ich den Düsseldorfer Facharzt Dr. Antoine Assmann erlebt. Er stellte schwere Fälle von Schlafapnoe vor. Menschen, die nachts an erheblichen Atemaussetzern leiden und deshalb von Herzinfarkt bedroht sind. Das hatte mir imponiert - und zugleich Angst gemacht.

Bei meinem Besuch in seiner Medica-Praxis erfuhr ich: Klassische Methoden der Schnarch-Operationen behandeln oft nur einseitige Verengungen. Meist werden die Nase und das Gaumensegel behandelt. Das Problem sollte aber ganzheitlich betrachtet werden. Assmann: "Eine Operation, bei der von vornherein das Gewebe radikal beschnitten wird, hat nur selten langzeitigen Erfolg."

Sein Kollege, Dr. Riccardo Stoohs, Professor an der Stanford University und Mitbegründer der Somnolab-Zentren für Schlafmedizin in Dortmund und Essen, machte mir Mut: "Das kriegen wir hin", sagte er nach einer langen Unterredung, in der ich meine Krankheitsgeschichte schilderte und mich der gründlichen Untersuchung von Nase und Rachen unterzog.

"Eine Operation kommt für Sie derzeit nicht infrage", sagte er. "Es gibt da etwas Neues, aber wir müssen natürlich die konkreten Bewertungen ihres Schlafs abwarten. " Da war ich zunächst einmal erleichtert. Schließlich habe ich mir in den vergangenen 13 Jahren dreimal die Nasennebenhöhlen bearbeiten lassen - ohne großen Erfolg.

Dr. Stoohs erläuterte sein Behandlungkonzept aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten: "Viele Menschen schrecken zurück, verbinden mit einem Schlaflabor immer noch Begriffe wie Krankenhaus, Schläuche, Atemmaske, künstliche Beatmung und Apparate rund um das Krankenbett - das ist in der American Sleep Clinic überholt."

Er hatte recht. Die Schlafklinik in Frankfurt erlebte ich wie ein komfortables Hotel. Als Bettlektüre studierte ich Dr.Stoohs Buch "Wenn die Nacht zum Tag wird". Der Wissenschaftler hat in der Tat neue Behandlungsansätze in Deutschland eingeführt, die nicht selten die Therapie mit der für viele Patienten lästigen Atemmaske erfolgreich ersetzen können.

Dazu zählt ein in Amerika entwickeltes Beatmungsgerät in Gestalt einer Nasenkanüle, die das Wohlbefinden des Patienten gegenüber der konventionellen Maske erheblich steigert. Ein Drittel der Erwachsenen und fast alle Kinder mit Atmungsstörungen lassen sich mit dieser, in Deutschland zugelassenen Methode, erfolgreich therapieren. Ein Vorteil der Nasenkanüle: Bereits leicht und mittelschwer Betroffene können sich mit dieser Therapie anfreunden.

Zurück zu meinen persönlichen Erfahrungen: Meine Hirn- und Atmungsaktivitäten sowie die Funktion von Herz- und Kreislauf wurden mit Elektroden gemessen. Die Ergebnisse bestätigen eine schwere Schlafapnoe. Jetzt freue ich mich auf die Nasenkanüle. Meine Frau auch.

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