So essen die Esten - Roggen, Fisch und Milchprodukte

Berlin/Tallinn (dpa/tmn) - Estland hat eine lange Küste, zahlreiche Binnengewässer und viele Wälder. Das macht sich auch in der Küche bemerkbar: Fisch, Pilze und Beeren bereichern den Speiseplan. Das Land ist dieses Jahr Partnerland der Grünen Woche in Berlin.

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„Head isu“ sagen die Esten, wenn sie einander guten Appetit wünschen. Ob Kümmelbrot mit marinierten Neunaugen, Waldpilzsalat mit grüner Zwiebel oder sahniger Strömlingsauflauf mit Dill: Gegessen wird, was Feld, Wald und Gewässer hergeben. Roggen, Pilze und Fisch sind aber nur ein Teil der bodenständigen Kost. Ebenso wichtig sind neben regionalen und saisonalen Zutaten Schweinefleisch, Kartoffeln, Kohl und Milchprodukte.

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Wer Spezialitäten aus dem baltischen Staat kennenlernen will, findet auf der Internationalen Grünen Woche (17. bis 26. Januar) in Berlin davon besonders viel. Estland ist das aktuelle Partnerland der weltgrößten Verbraucherschau.

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Nach Einschätzung von Anne Iburg, Autorin eines Baltikum-Kochbuchs, war es nach dem Zerfall der Sowjetunion in Estland erst einmal en vogue, so zu essen wie der Rest Europas. Pizza und Ähnliches war auf einmal zu bekommen, etliche Fast-Food-Ketten fassten Fuß. Heute sind in Estland aber auch etliche Köche aktiv, die sich auf regionale Traditionen besinnen und diese behutsam modernisieren. Natürliche Zutaten aus der Region erfahren eine neue Wertschätzung.

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„Alte Gerichte in neuer Form sind wieder trendy, die Geschmäcker sind wieder pur und typisch für Rohmaterialien“, erläutert Inga Paenurm, die Köchin des estnischen Präsidenten. Lokale Gewürze und Kräuter seien sehr gefragt. Aus der geografischen Lage des Landes gingen vor allem geschmacksprägende Zutaten wie Zwiebeln, Knoblauch, Meerrettich, Dill, Kümmel, Petersilie und Senf hervor.

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Spitzen-Küchenchefs wie Dimitri Demjanov, Gründer des Estonian Culinary Institute und Präsident der Spitzenköche-Vereinigung Bocuse-d'Or Estonia, erklären ihre Verbundenheit mit der neuen nordischen Küche, wie sie das Restaurant „Noma“ in Kopenhagen verkörpert. Peeter Pihel vom Luxus-Resort „Pädaste Manor“ auf der Insel Muhu ist ein weiterer Vertreter dieser Richtung. Er konzentriert sich auf Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung und von anderen Ostseeinseln und nennt das „Nordic Islands' Cuisine“.

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Grundsätzlich spielt Fisch eine wichtige Rolle in der estnischen Küche. Fast zu jedem Festtisch gehöre Hering mit saurer Sahne und Zwiebel, erklärt Paenurm. Oft ist gar die Rede von Heringssalat als dem Nationalgericht. Dabei ist Hering aber nicht gleich Hering, betont Iburg. Besonders beliebt seien die Strömlinge - laut der estnischen Landwirtschaftskammer die milderen und zarteren kleinen Brüder der normalen Ostseeheringe.

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Kalbssülze ist Iburg zufolge das zweite wichtige Nationalgericht. In früheren Zeiten sei diese Sülze für die wohlhabende Bevölkerung etwas ganz Besonderes gewesen - vor allem auf der Weihnachtstafel. Daneben landet aber überwiegend Schwein auf dem Teller, aus dem auch Blutwurst gemacht wird. Für das einstige Nebenprodukt beim Schweineschlachten im Spätherbst kommen Graupen und Schweineblut in einen Schweinedarm, erklärt Paenurm. Die Wurst wird dann im Ofen leicht gebacken. Die Spitzenköchin rät, sie unbedingt mit Preiselbeer-Marmelade zu essen.

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Auch ein typisch deutsches Gericht ist in Estland oft zu finden: Schweinebraten mit Sauerkraut und Kartoffeln. „Aber alle Komponenten schmecken doch etwas anders als in Deutschland“, betont Paenurm. Sie fügt jedoch hinzu: „Die estnische Küche ist eine Mischung, entstanden durch verschiedene Einwirkungen von Nachbarn wie etwa Schweden, Deutschland, Russland und Dänemark.“ Laut Iburg gehörten zum estnischen Essen auch typisch dänisches Plundergebäck, sowie die vorrangig aus Polen und Russland bekannten gefüllten Teigtaschen, Piroggen.

Literatur:

Anne Iburg: Baltisch kochen. Gerichte und ihre Geschichte. Die Werkstatt, 232 Seiten, 16,90 Euro, ISBN-13: 978-3895336072

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