Pillen nicht mit Saft: Medikamente richtig einnehmen

Bonn (dpa/tmn) - Wer ein Arzneimittel schlucken muss, sollte bei der Einnahme nicht zu Kaffee, Saft oder Milch greifen. Denn diese Lebensmittel können die Wirkung verfälschen. Doch das sind nicht die einzigen Fallstricke, die bei der Medikamenteneinnahme lauern.

„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ Diesen Satz kennt jeder, der ab und zu den Fernseher einschaltet oder Anzeigen liest. Denn er ist für herkömmliche Arzneimittelwerbung vorgeschrieben. Eigentlich müsste er um die Worte „...und zur richtigen Einnahme“ ergänzt werden.

Denn wie Tabletten, Kapseln, Tropfen und Co. korrekt geschluckt werden, lässt sich nicht allgemein sagen. „Pauschal gilt nur: Halten Sie sich an die Packungsbeilage“, sagt Maik Pommer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn. Ein paar grundsätzliche Tipps lassen sich aber dennoch geben. Ein Überblick:

Tabletten, Pillen, Kapseln: Sie werden am besten mit Wasser geschluckt. „Fruchtsäfte enthalten viele sekundäre Pflanzenstoffe wie Vitamine, Kalzium, Eisen oder Magnesium. Die können mit dem Medikamentenwirkstoff reagieren“, erklärt Erika Fink, Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände. Auch Kaffee könne durch seine Gerbstoffe die Wirkung von Medikamenten beeinflussen. Gleiches gelte für das Kalzium in der Milch. Besonders schlecht ist Grapefruitsaft. Er kann die Wirkung einiger Medikamente unkontrolliert verstärken, Nebenwirkungen sind die Folge.

Nicht alles teilen: Tabletten dürfen nur geteilt werden, wenn dies in der Packungsbeilage ausdrücklich erlaubt ist. Wenn auf der Packung eine Bruchrille abgebildet ist und die Tabletten selbst solche Rillen aufweisen, heißt das nicht zwingend, dass die Tablette geteilt werden darf, denn es gibt auch Schmuckkerben, so Fink. „Es gibt aber auch Tabletten, auf denen Rillen fehlen und die trotzdem zerteilt werden dürfen“, ergänzt Stephan Bernhardt, Hausarzt in Berlin. Wer allerdings die falschen Pillen teilt, riskiert unerwünschte Wirkungen. Denn manche Tabletten sind mit einer Schutzschicht überzogen, die sie resistent gegen Magensäfte macht. Sie sorgt dafür, dass der Wirkstoff erst im Dünndarm freigesetzt wird, erklärt Fink. Wird der Überzug verletzt, gelangt der Wirkstoff früher in den Körper - mit möglicherweise unerwünschten Folgen.

Andere Tabletten haben eine sogenannte Retard-Wirkung, erklärt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf seinem Portal Gesundheitsinformation.de. Sie geben den Wirkstoff erst nach und nach ab. Das habe den Vorteil, dass häufig nur eine Tablette pro Tag geschluckt werden muss. „Wer solche Tabletten teilt, zerstört diese Funktion“, warnt Fink. Das Medikament wirkt dann unter Umständen sehr schnell und stark. „Kein Patient sollte Tabletten auf eigene Faust teilen“, sagt Pommer daher.

Tropfen: Wer Tropfen verschrieben bekommen hat, sollte sich beim Zählen konzentrieren. „Jeder Tropfen entspricht einer bestimmten Wirkstoffmenge“, erklärt Bernhardt. Das habe den Vorteil, dass sich das Medikament gut auf den einzelnen Menschen einstellen lässt. Bei den meisten Arzneien sei es nicht schlimm, wenn man aus Versehen einen oder zwei Tropfen mehr schluckt. „Eine doppelte Dosis kann aber gefährlich werden“, warnt der Hausarzt.

Aber manchmal zählt jeder Tropfen doch - etwa bei Notfallmedikamenten. „Fragen Sie Ihren Arzt, ob es schlimm ist, wenn Sie zu viele Tropfen von dem Medikament nehmen“, rät Fink. Haben sich die Tropfen eingetrübt, werden sie besser entsorgt. Das gilt auch, wenn sich ein Bodensatz gebildet hat. Augentropfen und -salben sollten nach dem Öffnen für maximal vier bis sechs Wochen benutzt werden, sonst können sich Keime bilden. „Nehmen Sie die Tropfen keinen Tag länger. Das Risiko ist einfach zu groß.“

Nasentropfen und -sprays: Müssen Patienten etwas für die Nase nehmen, sollten sie die Pipette oder das Spray zusammengedrückt aus der Nase nehmen, rät das IQWiG. Andernfalls könne es passieren, dass die Arznei mit Nasensekret verunreinigt wird.

Wirkstoffpflaster: Pflaster haben den Vorteil, dass das Medikament nach und nach dem Körper zugeführt wird. Bevor ein neues aufgeklebt wird, sollte das alte entfernt werden, erläutert das IQWiG. Außerdem ist es wichtig, es nicht immer auf dieselbe Stelle zu kleben.

Regelmäßige Einnahme: Einer der häufigsten Fehler ist, dass Patienten vergessen, ihre Medikamente zu nehmen. Das kann daran liegen, dass sie zum Beispiel bei der Arbeit nicht daran denken. Manchen hilft es, sich von ihrem Handy an die Tabletten erinnern zu lassen. Vor allem für Menschen, die mehrere Pillen über den Tag verteilt nehmen müssen, können Wochen- und Tagesbehälter sinnvoll sein. Sie sehen dann auf einen Blick, wenn sie etwas vergessen haben.

Mit dem Arzt sprechen: Außerdem kann es dem IQWiG zufolge helfen, regelmäßig mit dem Hausarzt über die Medikamente zu reden. Für viele Menschen sei es wichtig, dass eine andere Person sie an die Anwendung erinnert und sie dazu motiviert. Mit dem Arzt lässt sich auch besprechen, ob die Einnahme vereinfacht werden kann. „Zeigen Sie dem Hausarzt eine Liste Ihrer Medikamente und fragen Sie, ob Sie alle zum gleichen Zeitpunkt nehmen dürfen“, rät Bernhardt. Das fällt vielen Menschen leichter.

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