Pärchensport sollte kein Duell sein

Lüneburg (dpa/tmn) - „Entscheidend ist auf'm Platz“: Treiben Paare gemeinsam Sport, sollten sie diese Fußballerweisheit nicht zu ernst nehmen. Bei zu viel Konkurrenzdenken endet das Training schnell im Frust.

Richtig betrieben, kann es aber die Beziehung stärken.

Sport in der Partnerschaft beschränkt sich oft auf den Streit um die Fernbedienung: Er will seine geliebten Bundesligaspiele sehen, sie hört lieber die neuesten Promigeschichten. Bevor der Streit zu hitzig wird, können sich beide einer ganz einfachen Lösung bedienen. Den Fernseher ausschalten und ab nach draußen mit den Laufschuhen. Denn durch die gemeinsame Aktivität kann Stress in der Partnerschaft abgebaut werden.

„Sport verbindet und kann die Beziehung stärken“, sagt Bente Klein. Die Psychologin aus Lüneburg hat ein Buch über Zufriedenheit und Stressbewältigung in der Partnerschaft geschrieben. „Wer zum Beispiel einen Sport ausübt, der einfach nur Spaß macht, wie es bei vielen Ballspielen der Fall ist, oder wer ein gemeinsames Ziel vor Augen hat, etwa einen Marathon, der kann viele positive Gefühle freisetzen.“

Der Sportpsychologe Jens Kleinert von der Deutschen Sporthochschule Köln blickt von einer sozialpsychologischen Perspektive auf den Sport in der Partnerschaft: „Jeder Partner hat in der Beziehung eine Eigenidentität und eine kollektive Identität.“ Sport kann ein Mittel sein, um beide Identitäten zu entwickeln. „Es ist wichtig, eine Balance herzustellen. Wenn ein Paar ohnehin schon viel gemeinsam unternimmt, sollte der Sport dazu dienen, die Eigenidentität zu fördern. Wenn das Paar aber sonst nichts teilt, hat der Sport für die kollektive Identität eine große Bedeutung.“

Bevor aber Glücksgefühle oder gemeinsame Identitäten entstehen können, spielt die Kommunikation mit dem Partner eine wichtige Rolle: Welchen Sport wollen wir gemeinsam ausüben, was wollen wir erreichen? Wer diese Fragen nicht klärt, erreicht statt Sport mit Spaß schnell Training mit Tränen. Klein rät: „Ich würde vielleicht einen Sport wählen, bei dem man als Team auftreten muss, zum Beispiel Kanufahren. Etwas, wobei das Wir-Gefühl gestärkt wird.“

Christian Thiel, Single- und Partnerschaftsberater aus Berlin, sagt: „Ich plädiere für Sportarten, bei denen man reden kann. Schwimmen ist albern, das ist kein Pärchensport. Und schon beim Joggen kommen viele schnell aus der Puste und können sich nicht mehr unterhalten.“ Grundsätzlich gilt aber: Was beiden Partnern gefällt, taugt als gemeinsame Aktivität.

Ist ein gemeinsamer Sport gefunden, kann es trotzdem noch zu Problemen kommen. „Männer wollen oft zu viel, sind zu leistungsorientiert“, sagt Thiel. „Viele denken sich, 'Was war ich doch für ein toller Hecht in der Jugend'. Sie nehmen dieses Gefühl dann mit in die Partnerschaft und wollen beweisen: 'Ich bin auch heute noch ein toller Hecht'“. Kann der Partner nicht mithalten, entsteht Frust. „Wenn der eine immer meint, den anderen übertrumpfen zu müssen, liegt das am mangelnden Selbstwertgefühl. Wenn ich bei mir selbst merke, dass ich zu konkurrenzorientiert bin, sollte ich mich fragen: 'Fühle ich mich minderwertig in der Beziehung? Warum muss ich mich beweisen?'“, analysiert Bente Klein.

Natürlich muss das Konkurrenzverhalten nicht zum Problem werden: „Konkurrenz ist ja grundsätzlich normal im Sport“, sagt Jens Kleinert. Aber ist der Wettkampf auch in der Partnerschaft ok? Der Sportpsychologe ist sich sicher, dass es funktionieren kann - es kommt dabei auf die Beziehung an. „Manche Paare können das klar trennen, sie sagen sich: Wir treten jetzt eine Stunde auf dem Tennisplatz gegeneinander an, dann nehmen wir uns in den Arm und gehen nach Hause.“ Solange der Wettbewerb auf dem Sportplatz bleibt, ist Konkurrenzverhalten kein Problem.

Schlimmer sieht es mit Belehrungen aus. „Belehren geht gar nicht, das bleibt nicht auf der sachlichen Ebene, sondern geht direkt auf die Beziehungsebene. Eine Belehrung kommt dem Gefühl gleich: 'Ich genüge dem Partner nicht'“, sagt Bente Klein. Christian Thiel rät, dem Partner die rote Karte zu zeigen, sollte der andere den Lehrer spielen. Aber es gilt auch: „Ich kann meinem Partner natürlich etwas beibringen. Das erfordert allerdings ganz besondere pädagogische Fähigkeiten“, sagt Kleinert.

Wenn dann aber alles richtig läuft und sich der Partner in seinen Fähigkeiten akzeptiert fühlt, können sich die positiven Effekte des Sporttreibens voll entfalten. Vor allem für den Austausch ist die Bewegung ein großes Plus. „Männer fühlen sich besonders wohl beim gemeinsamen Tun. Dann entstehen auch Gespräche, die sonst forciert werden müssten“, sagt Paarberater Thiel.

Und darin sind sich die anderen Experten einig: Steht der Spaß im Vordergrund und sind die Ziele abgesteckt, kann der Sport der Beziehung guttun. Wichtig ist, dass nicht der gesellschaftliche Druck, alles gemeinsam machen zu müssen, als Auslöser hinter den Aktivitäten steht.

Literatur:

- Klein, Bente: Stressbewältigung, Empathie und Zufriedenheit der Partnerschaft. Diplomica, 232 S., 48,00 Euro, ISBN-13: 9783836680431

- Thiel, Christian: Was glückliche Paare richtig machen - die wichtigsten Rezepte für eine erfüllte Partnerschaft. Campus, 205 S., 19,90 Euro, ISBN-13: 9783593381633

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