Klinik-Wahl: Kaum Transparenz

Bislang gibt es keine einheitlichen Qualitätsmerkmale. Der Patient ist auf Empfehlungen angewiesen.

<strong>Düsseldorf. Die beste Uni zu finden, ist angesichts regelmäßig erscheinender Rankings nicht schwer. Die beste Klinik für die anstehende Hüftoperation herauszufiltern, dürfte dagegen ein Ding der Unmöglichkeit sein. Dazu fehlt es in Deutschland bislang noch an der nötigen Transparenz. Zwar hat die Techniker-Krankenkasse kürzlich einen "Klinikführer" veröffentlicht, dem sie außer den Qualitätsberichten von 2000 Krankenhäusern auch eine Befragung ihrer Versicherten zugrunde legte. Aber wie objektiv und aussagekräftig sind solche Daten? Für eine Hüftoperation werden im Raum Freiburg neun Kliniken genannt mitsamt der Zahl der jährlichen Eingriffe. Wie viele jeweils schief gegangen sind, geht daraus aber nicht hervor. Helmut Schillinger, Geschäftsführer des Freiburger Regionalverbundes kirchlicher Krankenhäuser, bezweifelt ohnehin, dass Patienten sich bei der Suche nach dem besten Krankenhaus auf Hitlisten aus dem Internet verlassen: "Sie fragen den Hausarzt oder schauen sich die Häuser genau an."

In den USA gibt es jährlich aktualisierte Ranglisten

In den USA dagegen veröffentlicht das Magazin "US News & World Report" eine Rangliste der besten Kliniken, bei deren Auswahl die Sterberate eine große Rolle spielt. Für Schillinger "eine ganz heiße Kiste: Eine 97-jährige Oma mit einem Oberschenkelhalsbruch hat doch ein höheres Risiko zu sterben, als ein 55-Jähriger mit einem Beinbruch." Er fürchtet, dass die private Konkurrenz sich unter solchen Umständen nur noch die jungen Patienten herauspicken wird. Tatsächlich sollen Mediziner in den USA Risikopatienten abgelehnt haben, um sich ihre Statistik nicht zu vermiesen. Gleichwohl müssen auch die deutschen Kliniken alle zwei Jahre Qualitätsberichte an die Krankenkassen abliefern. Über Fall- und Bettenzahl, Personal, Ausstattung und das Therapieangebot gehen die darin enthaltenen Angaben aber bisher kaum hinaus. Viel interessanter ist, was die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) seit 2001 an Daten sammelt, um Schwachstellen auf die Spur zu kommen. Alle Arten von Operationen werden da erfasst: Wurde gut gearbeitet? Gab es Komplikationen? Der jährliche BQS-Report listet jede Menge davon auf: Thrombosen, Wundinfektionen und geschädigte Organe nach einer Operation; erneute Eingriffe, die nötig wurden; künstliche Kniegelenke, die zuhauf eingesetzt wurden, ohne dass eine eindeutige Indikation vorlag. Zwischen den Kliniken gibt es je nachdem, wie routiniert sie sind, deutliche Unterschiede in der Behandlungsqualität. Welche gut und welche schlecht sind, wurde aber bisher nicht verraten. Schwachstellen, die es in vielen Häusern gab, wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit im so genannten "strukturierten Dialog" auszuräumen versucht. Das soll jetzt anders werden: In diesem Herbst müssen die Kliniken erstmals 27 BQS-Merkmale in ihren Qualitätsberichten veröffentlichen. Wer sich die Mühe macht, wird dann vergleichen können: Liegt eine Klinik mit ihren Ergebnissen innerhalb oder außerhalb eines von der BQS ermittelten akzeptablen Bereichs? "Man könnte auf dieser Basis ein Ranking erstellen", sagt Matthias Geiser von der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft. Wie vergleichbar aber sind die Daten? Zwar hält sie Geiser für "sehr differenziert". Aber die Krankenhäuser dokumentieren dafür nur ein Fünftel ihrer Behandlungen. Vermutlich wählen sie nicht solche aus, bei denen sie schlecht abschneiden.

Selbstkontrolle der Kliniken

Helios Die Helios-Kliniken haben sich mit dem AOK-Bundesverband zusammengetan. Sie werten die Routinedaten aus, die ohnehin bei der Abrechnung mit den Krankenkassen anfallen. Sie sind ohne großen Aufwand zu erheben. Nicht nur die Sterberaten einer Klinik lassen sich daran ablesen, sondern auch der Erfolg einer Behandlung: Mehrmalige Klinikaufenthalte etwa werden zueinander in Beziehung gesetzt. Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen wurden in die Bewertung einbezogen.

Daten Im Internet finden sich detaillierte Angaben, wie viele Patienten mit einem bestimmten Krankheitsbild in den Häusern gestorben sind und wie viele es im Bundesdurchschnitt sind. Das war auch schon 1999 so, als die Zahlen bei Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz für die Kliniken wenig schmeichelhaft waren. Die Schwächen wurden zum Ansporn, besser zu werden. Das Ergebnis: Von 1999 bis 2006 sank die Todesfallrate in den Kliniken nach Herzinfarkt von 18,4 auf acht Prozent.

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