Esskastanien trinken In Aue wird Bier aus Maroni gebraut

Aue (dpa) - In Aue geschieht Ungewöhnliches - zumindest für deutsche Verhältnisse. Eine kleine Brauerei im Hotel Blauer Engel braut eine seltene Spezialität: Bier aus Maroni.

Esskastanien trinken: In Aue wird Bier aus Maroni gebraut
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„Ich kenne in Deutschland keine andere Brauerei, die Bier aus Esskastanien herstellt“, sagt Roland Demleitner, Bundesgeschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland. Er kenne zwar nicht jede Brauerei, aber Maroni-Bier sei ihm nur aus Italien, Frankreich und dem Mittelmeerraum bekannt.

Wird die dunkle Dreiviertelliter-Flasche geöffnet, die äußerlich nichts mit gewöhnlichen Bierflaschen zu tun hat, entweicht die Kohlensäure mit einem kaum wahrnehmbaren Zischen. Das Bräu schäumt beim Eingießen auch nur wenig, es schmeckt leicht nussig und sehr weich. „Es hat eine sämige Note“, sagt Willi Wallstab. Der 30-Jährige ist der Braumeister, der die Spezialität zu verantworten hat.

Das Maroni-Bier gibt es nicht gezapft, sondern nur aus der Flasche. Die Edition ist auf 120 Flaschen begrenzt. Der Verkauf sei gut angelaufen, berichtet Wallstab. „Wenn man weiter in die Adventszeit kommt, wird es vergriffen sein“, mutmaßt er. Für die rund 150 Liter hat er etwa zehn Kilogramm Maroni verwendet, die er über einen Händler aus Italien besorgt hat.

In Deutschland und speziell in Sachsen gibt es keinen nennenswerten Maroni-Anbau. „Nach Auffassung unserer Fachleute ist nicht auszuschließen, dass sich in den Wäldern in Sachsen einzelne Esskastanien-Bäume aufhalten“, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium des Freistaates. Ein Anbau oder ein Verband, unter dessen Dach der Anbau stattfinden würde, sei nicht bekannt.

Die Idee, Maroni-Bier zu brauen, war auch mit Blick auf die Weihnachtszeit entstanden. Und da er gewusst habe, dass dies im Mittelmeerraum kein so ungewöhnliches Getränk ist, hat er es ausprobiert, erzählt Willi Wallstab. Die Grundzutaten sind die gleichen wie für ein ganz normales Bier: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Zusätzlich enthält der Trunk aber noch Maroni und Kokosmilch.

Seit März 2014 ist der Diplom-Braumeister für die Biere in der kleinen Brauerei verantwortlich. Neben dem normalen Hellen und Dunklen als Grundsorten, die aus dem Hahn der Restauranttheke gezapft werden, sind seither auch so manche Exoten in den Kupfertanks entstanden.

Allein 2016 hat der gebürtige Oscherslebener 28 Spezialsorten gebraut. „Es muss das Bestreben eines Brauers sein, mehr anzubieten als ein Pilsner“, lautet sein Credo. So sind unter anderem das Rosenbier „Dornröschen“, Kräuterbiere namens „Lotters Schwedenbitter“ oder „Lotters Veilchenbräu“ oder auch das Kellerbier „Lotters Steinbier“ entstanden. Alle vier sind inzwischen prämiert.

„Neues Spiel, neues Glück“, sagt Benjamin Unger dazu. Der geschäftsführende Gesellschafter des Hauses hat eigens einen experimentierfreudigen Braumeister wie Wallstab gesucht. „Er kann sich von A bis Z auslassen. Das ist auch sein Auftrag“, betont der 38-Jährige. So kam auch die Idee zu einem Riesling-Bier.

Und für die Weihnachtszeit reift bereits die nächste Spezialität: Ein Getränk gebraut mit Rotweinhefe. Das ist ein Starkbier, heißt „Bockgunder“ und kommt mit rund 7,0 Volumenprozent Alkohol daher. Vom Fachmagazin „selection“ gab es dafür im Wettbewerb „International: ProBier - Biere der Saison 2017“ fünf Sterne für die Bewertung „herausragend - Weltspitze“.

Der Verband Private Brauereien Deutschland, in dem rund 800 Brauereien vereinigt sind, hält die Spezialbiere für eine Bereicherung. Craftbiere seien eigene Innovationen, sagt Bundesgeschäftsführer Demleitner. Dennoch tritt der Verband eher als Verfechter des deutschen Reinheitsgebots auf.

„Wir stehen auf dem Standpunkt, dass es innerhalb des Reinheitsgebotes eine große Bandbreite gibt. Deswegen ist es nicht notwendig, auf andere Rohstoffe zurückzugreifen“, betont Demleitner. Letztlich wollen auch die Auer um Braumeister Willi Wallstab nicht von der traditionellen Brauart abweichen. „Das Reinheitsgebot ist einer der ältesten Werbeslogan der Welt. Das sollte man bewahren.“

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