Günstig und korrekt: Bio-Einkauf beim Discounter

Berlin (dpa/tmn) - „Bio ist gut“, denken viele Menschen. „Aber auch teuer“, wenden andere ein. „Stimmt nicht“, sagen Discounter. Wer wegen der jüngsten Dioxinfunde garantiert gesunde Lebensmittel sucht, erschrickt oft beim Blick aufs Preisschild.

Doch das muss nicht sein.

Bio-Lebensmittel kosten - mit diesem Klischee hat die Branche zu kämpfen, seit es sie gibt. Fast alle Discounter bieten inzwischen allerdings eigene Bio-Linien für wenig Geld an - und werfen damit die Frage auf, ob weniger Geld auch weniger Bio bedeutet. Worauf müssen Verbraucher also achten, um nicht nur günstig, sondern auch ökologisch korrekt einzukaufen?

Die Zauberformel für den preis- und zugleich umweltbewussten Einkauf lautet: „Kombiniere Bio mit saisonal und regional“. Lebensmittel sollten also nicht nur biologisch erzeugt sein, sondern auch aus der Region stammen und jahreszeitlich gerade „dran sein“. „Dann macht man alles richtig“, sagt Martin Rücker von der Verbraucherorganisation Foodwatch in Berlin.

Einfach nur Bioware im Discounter zu kaufen, reiche dagegen nicht immer, um sich ökologisch korrekt zu verhalten. Um ihre Preise so niedrig halten zu können, erfüllten die Waren der Discounter meist ausschließlich die gesetzlichen Mindeststandards. „Die haben aber ihre Schwächen“, urteilt Rücker. Die Gesetzgeber machten zum Beispiel keine Vorschriften zum Wasserverbrauch. Im Winter gekaufte Biotomaten könnten daher auch aus Spanien stammen, wo sie zwar „biologisch angebaut“ wurden - zumindest nach der Papierlage. Nach Rückers Ansicht ist das aber gar nicht der Fall: Die intensive Bewässerung und die hohen Transportkosten dürfe der Käufer nicht vergessen.

Grundsätzlich lassen sich zwei Varianten von Bio-Produkten unterscheiden: Günstigere Bio-Handelswaren gibt es im Supermarkt oder Discounter. Produkte von Anbauverbänden wie Demeter, Bioland oder Naturland sind häufig nur im Bio-Fachhandel zu bekommen und spielen meist in den oberen Preisklassen mit - und das nicht ohne Grund. Denn die Verbände verlangten ihren Landwirten strengere Standards ab, als gesetzlich vorgeschrieben ist, erklärt Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) in Berlin.

Eine Vorschrift, die sich die Verbandsbauern auferlegen, obwohl sie es laut Gesetz nicht müssten: Mindestens die Hälfte des Futters muss vom eigenen Hof stammen. „Das ist natürlich gerade jetzt eine wichtige Information“, findet Löwenstein und spielt damit auf den Dioxinskandal an: Landwirte hatten unwissentlich zugekauftes Futter, das zu viel Dioxin enthielt, an Legehennen und Masttiere verfüttert.

Eine weitere „Soll-Übererfüllung“ bei den teureren Produkten: Sie haben weniger Zusatzstoffe. Produzenten konventioneller Lebensmittel dürften 320 verschiedene Zusatzstoffe verwenden. Für Bioprodukte habe der Gesetzgeber die Zahl schon auf 47 Stoffe gesenkt, erklärt Rücker. Im Bio-Fachhandel bekomme der Verbraucher wiederum Produkte, in denen je nach Anbauverband nur noch 20 bis 25 Zusatzstoffe zugelassen sind, erläutert der Verein zur Förderung der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise in Pforzheim auf seiner Webseite.

Verbraucher sollten sich allerdings nicht nur auf saisonale und regionale Ware beschränken, um auch beim Discounter ökologisch korrekt einzukaufen. „Sie sollten außerdem nichts kaufen, wo die Verpackung mehr wiegt als der Inhalt“, empfiehlt Löwenstein. Das heißt: statt der Gemüsesuppe aus der Tüte lieber verschiedene Gemüse in den Einkaufskorb legen. Also lieber selber kochen statt die Tütensuppe aufzureißen. Denn möglichst frische und wenig verarbeitete Produkte sparen Zusatzstoffe und Verarbeitungskosten ein. Löwensteins Tipp an den Verbraucher: „Mach' daraus selbst was Gutes in Deiner Küche.“

Der Bio-Einkauf im Discounter oder Supermarkt kann also genauso ökologisch korrekt sein wie im teureren Fachhandel - gerade wenn Verbraucher beim Biosiegel etwas genauer hinschauen, erklärt Laura Gross, Ernährungsreferentin bei der Verbraucher Initiative in Berlin: „Wenn nur das Biosiegel drauf ist, erfüllt das Produkt auch nur die Mindeststandards.“ Häufig seien aber auch bei den günstigeren Waren Zusatzinformationen aufgedruckt. Bestenfalls sei es der Zusatz, dass die Handelsmarke die Standards eines der Bio-Anbauverbände erfüllt.

Wer dies bei den günstigeren Produkten beachtet, müsse unterm Strich wahrscheinlich nicht einmal mehr bezahlen als beim Einkauf konventioneller Lebensmittel, sagt Gross. Bei Grundnahrungsmitteln wie Kartoffeln oder Äpfeln seien die Preisunterschiede zu Nicht-Bioware minimal - dafür sei der Qualitätsunterschied aber sehr groß.

Garantiert gesunde Lebensmittel kann aber weder ein Bio-Fachhändler noch der günstigere Discounter bieten. Rücker erinnert an den Dioxinskandal im Mai 2010, als Bio-Eier wegen verunreinigten Tierfutters aus der Ukraine den Dioxin-Grenzwert überschritten. Auch Bio schließe Giftstoffe also nicht komplett aus. Bioware ist somit zwar nicht unbedingt teuer - aber auch nicht garantiert gesund.

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