Grippewelle: Nur jeder Dritte lässt sich impfen

München (dpa/tmn) - Es ist nur ein kleiner Pieks - und doch schludern viele Erwachsene beim Thema Impfungen. In Deutschland will sich einer aktuellen Umfrage zufolge in diesem Winter nur jeder Dritte gegen Grippe impfen lassen.

Dabei ist regelmäßiges Impfen sinnvoll.

Nur jeder Dritte in Deutschland schützt sich in diesem Winter per Impfung gegen Grippe. 67 Prozent lassen sich nicht impfen, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa ergab. Obwohl es so gut wie nicht wehtut, vernachlässigen viele Erwachsene das Thema Impfungen.

„Wir stellen immer wieder fest, dass viele die regelmäßige Auffrischung der Basisimpfungen nicht bekommen haben, wenn sie wegen Reiseimpfungen zu uns kommen“, sagt Prof. Hans Dieter Nothdurft vom Tropeninstitut der Uniklinik München. „Am ehesten wird noch an Tetanus gedacht.“ Andere wichtige Impfungen wie die gegen Kinderlähmung (Polio) würden vernachlässigt - unter anderem, weil im Gegensatz zu früher aufgrund der hohen Durchimpfungsrate in der Bevölkerung niemand mehr die Schrecken der Krankheit vor Augen habe.

Grundsätzlich sollten sich Erwachsene alle zehn Jahre gegen Wundstarrkrampf (Tetanus) und Diphtherie impfen lassen. „Neuerdings sollte man mit der Auffrischung auch die Impfung gegen Keuchhusten (Pertussis) machen“, empfiehlt Nothdurft. Das gelte vor allem für diejenigen, die - beruflich wie privat - engen Kontakt zu Kindern haben. „Kleine Kinder werden im Wesentlichen von Erwachsenen angesteckt“, erläutert der Infektionsmediziner. Das Erkrankungsrisiko minimiere sich, wenn ihre Bezugspersonen per Impfung geschützt sind.

Bis zum Alter von 18 Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut außerdem den Schutz vor Polio. Und die Masernimpfung kommt für jeden infrage, der nach 1970 geboren ist und sich weder daran erinnern kann, dass er je gegen Masern geimpft worden ist, noch, dass er an Masern erkrankt war. Junge Erwachsene sollten sich außerdem gegen Hepatitis B impfen lassen.

Darüber hinaus gibt es Empfehlungen für besondere Personengruppen: Die STIKO rät vor allem chronisch Kranken, Menschen über 60 Jahren, Schwangeren sowie medizinischem Personal zur Immunisierung gegen Grippe. „Hier ist das Risiko einer schweren oder gar tödlichen Erkrankung bei einer Infektion größer als bei der Allgemeinbevölkerung“, erklärt RKI-Impfexperte Ole Wichmann. „In den Risikogruppen wird die Grippe unterschätzt“, betonte er.

Eine Besonderheit der aktuellen Grippewelle ist laut RKI, dass es verstärkt schwere Verläufe bei Kindern und jungen Menschen gebe. Das liegt an der Rückkehr der Schweinegrippe, die für etwa drei Viertel der aktuellen Influenzafälle verantwortlich ist und besonders jungen Menschen zu schaffen macht. Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte hat deshalb dazu aufgerufen, gleich den gesamten Nachwuchs zu immunisieren - sofern er nicht im vergangenen Winter an Schweinegrippe erkrankt ist oder dagegen geimpft wurde. In dieser Saison deckt der normale Grippe-Impfstoff auch das Schweinegrippevirus H1N1 ab.

Zum Schutz vor Schweinegrippe hält RKI-Experte Wichmann auch eine erneute Immunisierung für sinnvoll, wenn jemand bereits in der vergangenen Saison eine H1N1-Impfung bekommen hat. „Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass der Impfschutz innerhalb von einem Jahr abfällt.“

Wer eine Grippeimpfung will, sollte das allerdings möglichst bald erledigen lassen. Denn bis der Organismus einen wirksamen Immunschutz aufgebaut hat, dauere es 10 bis 14 Tage, erläutert der Infektionsexperte Peter Walger vom Berufsverband Deutscher Internisten in Bonn. Angesichts der europaweit steigenden Zahl von Influenza-Erkrankungen sei die Zeit zum Impfen recht knapp. Besonders stark betroffen seien derzeit die Schweiz, England, Irland, Norwegen und Dänemark. Deutschland berichte zwar noch von einer mittleren Aktivität der Grippeviren, die Tendenz steige aber.

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