Einen geeigneten Psychotherapeuten finden

Dresden/Düsseldorf (dpa/tmn) - Eine psychische Erkrankung zu behandeln, ist genauso wichtig wie ein Magengeschwür zu therapieren. Die Wahl des passenden Therapeuten ist ausschlaggebend für den Erfolg der Behandlung.

Bei Probesitzungen lernen sich beide Seiten kennen.

Immer mehr Deutsche leiden an psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Burnout. Zugleich müssen Betroffene oft lange auf einen ambulanten Termin beim Psychotherapeuten warten. Eine Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in Berlin unter mehr als 9000 Therapeuten hat ergeben, dass knapp ein Drittel der Patienten erst nach mehr als drei Monaten einen Termin bekommen. Umso wichtiger ist es, auf Anhieb den passenden Behandler zu finden.

„Professionelle Hilfe sollte bei psychischen Erkrankungen genauso selbstverständlich in Anspruch genommen werden wie bei jeder anderen Erkrankung - und das möglichst frühzeitig, denn viele dieser Erkrankungen sind heil- beziehungsweise sehr gut behandelbar“, sagt Hannelore Strobel von der Krankenkasse AOK Plus in Dresden. Unter den psychischen Erkrankungen seien Depressionen am weitesten verbreitet, gefolgt von Demenz, Angst- und Suchterkrankungen.

„Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung können sich an ihre Kasse wenden. Die verfügt über ein Verzeichnis aller ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten, die ihre Behandlungskosten direkt mit der Kasse abrechnen können“, erläutert Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Die aktuellste Auskunft über Psychotherapeuten mit Kassenzulassung erhalten Patienten bei den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen. Betroffene können auch über Arztverzeichnisse im Internet oder die Online-Plattform der Psychotherapeutenkammer fündig werden. „Dort ist die Suche nach Kriterien wie speziellen Therapieverfahren oder der Entfernung möglich“, erklärt Schuldzinski. Strobel rät Versicherten, außerdem ihren Hausarzt zu fragen.

Die Suche in einem Branchentelefonbuch kann ebenfalls einen Überblick über Therapieangebote in der näheren Umgebung geben. Allerdings seien die Qualifikationen des Therapeuten dort nicht geprüft, gibt Wolfgang Schuldzinski. Er rät, besonders auf die Berufsbezeichnung zu achten. „Im Gegensatz zum Psychotherapeut ist zum Beispiel die Berufsbezeichnung des psychologischen Beraters nicht geschützt und kann rein theoretisch von jedem genutzt werden.“

Das Psychotherapeutengesetz lege fest, dass sich nur diejenigen als Psychotherapeut bezeichnen dürfen, denen nach einer umfangreichen Ausbildung die Approbation verliehen wurde, erklärt BPtK-Präsident Reiner Richter. „Wenn diese Berufsbezeichnung auf dem Praxisschild zu lesen ist, ist der Therapeut ausreichend qualifiziert, psychische Erkrankungen zu behandeln.“

Betroffene können grundsätzlich selbst entscheiden, an welche Berufsgruppe sie sich mit ihren Problemen wenden wollen - Ärzte oder Psychologen. „Ärztliche Psychotherapeuten arbeiten häufiger auf der Grundlage tiefenpsychologischer Verfahren“, erklärt Schuldzinski. Ein kleiner Anteil verfüge über eine Ausbildung in Verhaltenstherapie. Psychologische Therapeuten seien dagegen häufiger verhaltenstherapeutisch ausgerichtet.

Für Patienten sei es sinnvoll, sich vorher zu überlegen, ob sie in der Therapie den Blick stärker in die Vergangenheit oder lieber mehr in die Zukunft richten wollen, sagt Schuldzinski. „Wer lieber nach den Ursachen für heutige Probleme in seiner Lebensgeschichte forschen will, ist vermutlich bei tiefenpsychologisch ausgerichteten Therapeuten besser aufgehoben.“

Gehe es eher darum, konkrete Probleme zu lösen, könnte eine verhaltensorientierte Therapie bevorzugt werden. Wer an einer Störung leidet, die in der psychotherapeutischen Praxis seltener vorkommt, sollte sich an einen Spezialisten mit entsprechenden Zusatzqualifikationen wenden. Psychosoziale Beratungsstellen können Betroffenen beratend zur Seite stehen.

Damit Patienten Zeit haben, festzustellen, ob sie mit ihrem Therapeuten auch wirklich klarkommen, sieht eine Psychotherapie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu Beginn einer Behandlung meistens fünf Probesitzungen vor. „In dieser Zeit muss dem Patienten das Vorgehen in der Therapie verständlich erklärt werden. Außerdem sollte der Behandelte prüfen, ob ihm der Therapeut kompetent und das Konzept plausibel erscheint“, erläutert Schuldzinski.

Zwar schränkten die Krankenkassen einen Therapeutenwechsel innerhalb von zwei Jahren ein, es sei aber trotzdem möglich, innerhalb dieser Zeit den Behandler zu wechseln. „Wenn zum Beispiel die Vertrauensbasis zwischen Patient und Therapeut fehlt, darf die Krankenkasse den Fortgang der Therapie bei einem anderen Therapeuten nicht verweigern.“

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