Brustimplantate: Was das Urteil bedeutet

Die Billig-Produkte aus Frankreich waren auch 5000 Frauen in Deutschland eingesetzt worden.

Toulon/Berlin. Als „Hoffnungssignal für viele Betroffene“ wertet Susanne Mauersberg, Gesundheitsreferentin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, die Verurteilung des Tüv Rheinland im Skandal um Billig-Brustimplantate. Das Gericht im französischen Toulon sah in seinem Spruch am Donnerstag bei dem Prüfunternehmen aus Köln eine Mitschuld, weil es die minderwertigen Brustimplantate der Firma PIP europaweit zertifiziert, diese aber nicht ausreichend untersucht hatte.

Der Tüv Rheinland soll an 1700 geschädigte Patientinnen und sechs Händler, die geklagt hatten, Schadensersatz in Höhe von insgesamt rund fünf Millionen Euro zahlen. Die Billig-Brustimplantate, die mit Industriesilikon gefüllt sind und schnell reißen können, wurden weltweit jedoch hunderttausenden Frauen eingesetzt.

„Durch dieses Urteil liegt das Sicherheitsrisiko nicht mehr allein bei den Patientinnen“, sagte Mauersberger im ZDF. Sie hofft, dass nun auch strengere Regeln für solche Medizinprodukte kommen: „Es muss ähnlich strenge Zertifizierungsverfahren geben wie bei Arzneimitteln.“

Denn bisher reicht es nach EU-Recht, wenn ein Prüfunternehmen sich bei einem angemeldeten Besuch die Produktion zeigen lässt und die Papiere einsieht — eine Prüfung des Produkts selbst ist nicht erforderlich. Unangemeldete Prüfungen sind laut EU-Recht möglich, werden laut Mauersberger aber nicht gemacht, weil unter den Prüfunternehmen starke Konkurrenz herrscht und keines einen Kunden verprellen will.

Der Tüv Rheinland äußerte sich „schockiert“ über das Urteil und legte umgehend Berufung ein. Folglich ist auch nicht klar, ob es sich für die rund 5000 von dem Skandal betroffenen deutschen Frauen lohnt, den Tüv Rheinland zu verklagen. Denn auch wenn das Urteil in Frankreich rechtskräftig wird, ist das auf der anderen Rheinseite nicht bindend. Vor deutschen Gerichten ist der Tüv Rheinland bisher freigesprochen worden.

Es läuft allerdings noch eine Klage der AOK Bayern, die vom Tüv 50 000 Euro fordert. So viel hatte es gekostet, 27 Patientinnen minderwertige Implantate zu entfernen.

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